Genussinitiative scheitert mit Volksbegehren

Schon vor Ablauf der Frist am 25. Mai um 15 Uhr hatte die Genussinitiative ihr Scheitern beim Volksbegehren zur Wahlfreiheit der Wirte eingestanden. Bereits am Sonntagmorgen lag die Pressemitteilung vor, in der Thoma Michel, Sprecher der Initiative, mitteilte, dass es nicht gereicht habe. Am Dienstag war es dann quasi amtlich. Der Landeswahlleiter gab bekannt, dass zwar noch längst nicht alle Unterschriften geprüft worden sein, doch er konnte sich bereits darauf festlegen, dass rund 100.000 Unterstützer fehlten.

Damit hat die Genussinitiative ihr Ziel von 171.000 Unterschriften mehr als deutlich verfehlt. Soviel wären notwendig gewesen, um über das Volksbegehren einen Volksentscheid herbeizuführen. Wäre es zu dem gekommen, hätte die Initiative etwa zehn Mal so viele Wähler an einem Tag an die Urne bringen müssen, wie sie in vier Monaten für die Unterschriftenaktion mobilisieren konnte.

Trotzdem heißt es in der Presseerklärung: „Dennoch ist die Initiative für Genuss Berlin sehr stolz auf das Erreichte“. Allerdings stellte Michel auch die plebiszitären Möglichkeiten in Frage:  „Abschließend wird festgestellt, dass ein Volksbegehren als Bürgerinstrument mit einem Mini-Budget aus Kleinspenden und Eigenbeiträgen nicht durchführbar ist. Die Erreichung der zweiten Stufe wäre nur mit einer wahlkampfmäßig geführten Kampagne im großen Stil machbar, wie ein Vergleich mit den beiden vorangegangenen Berliner Volksbegehren zeigt. Hier stellt die Initiative die Frage: Ist unter diesen Bedingungen ein Volksbegehren überhaupt noch ein basisdemokratisches Werkzeug?“

Auch Nichtraucher für Entscheidungsfreiheit

Die IGKW informierte am Marheinekeplatz über die Probleme der Kneipen

Foto: pskDie IGKW informierte am Marheinekeplatz über die Probleme der Kneipen Foto: psk

Die Interessengemeinschaft Kreuzberger Wirte hat sich erstmals in der Öffentlichkeit präsentiert. Mit einem Stand an der Marheineke-Halle machten Kneipenbesitzer aus dem Kiez auf die Probleme der örtlichen Gastronomie aufmerksam. Bei dieser Gelegenheit sammelten sie auch rund 100 Unterschriften für das Volksbegehren der Genussinitiative, die die Entscheidung, ob in Kneipen geraucht werden darf oder nicht, den jeweiligen Wirten überlassen will. Eine erstaunlich hohe Anzahl von Nichtrauchern gab dabei im übrigen ihre Unterschrift für das Volksbegehren ab. Sie begründeten ihr Votum damit, dass sie sich durch ihre Teilnahme gegen die wachsende staatliche Regulierung wenden wollten.

Insgesamt zeigten sich die teilnehmenden Wirte mit dem Ergebnis dieser ersten öffentlichen Veranstaltung sehr zufrieden. Weitere Aktionen werden bereits vorbereitet.

Wirte stellen ihre Interessengemeinschaft vor

Das Logo der Kreuzberger WirteDas Logo der Kreuzberger Wirte

Mit einem Stand zwischen Marheinekehalle und Flohmarkt werden Kreuzberger Wirte am Samstag ihre Interessengemeinschaft präsentieren, die sich in den letzten Monaten formiert hat. Seit Februar werden in regelmäßigen Treffen Probleme besprochen, die den Kiezgastronomen das Leben schwer machen.  Manche Dinge werden unterschiedlich bewertet, andere treffen alle Wirte offensichtlich gleichermaßen. Für einige stellt zum Beispiel das Rauchverbot ein echtes Problem dar, andere wollen sich diese Entscheidung nicht einfach per Gesetz abnehmen lassen. Deshalb werden am Stand der IGKW auch Unterschriften für das Volksbegehren der Genussinitiative gesammelt werden.

Darüber hinaus geht es aber auch noch um zahlreiche andere Probleme. So hat sich die Zahl der Nachbarschaftsstreitigkeiten in letzter Zeit deutlich erhöht. Lärm oder Geruchsbelästigung ist dafür häufig der Grund. Eine Folge davon ist allerdings auch, dass den Kreuzberger Künstlern in den vergangenen Monaten zahlreiche Auftrittsorte verloren gegangen sind.  Dadurch ist die Kulturszene im Kiez bereits jetzt schon beschädigt worden.

Über diese und andere Probleme wollen die Wirte mit den Bürgern an diesem Tag sprechen. Vor allem wollen sie verdeutlichen, dass der Begriff  „Kneipensterben“ nicht nur eine leere Worthülse ist.

Seid nett zueinander

Das ist aber ein putziger Antrag, den die CDU-Fraktion in die Bezirksversammlung eingebracht hat. Die möge nämlich beschließen, dass – verkürzt ausgedrückt – am 1. Mai alle nett zueinander sein sollen. Das wird aber dem „schwarzen Block“ schwer imponieren, was die Schwarzen da fordern: „Es muss endlich Schluss damit sein, dass einige wenige die Mehrheit der Bevölkerung in Angst und Schrecken versetzen“. So haben das die autonomen Steineschmeißer sicher noch nicht gesehen. Deshalb wird der Aufruf zu Besonnenheit auch ganz bestimmt auf fruchtbaren Boden fallen. Aber irgendwer muss den verblendeten jungen Leuten doch einmal die Augen öffnen über ihr frevelhaftes Tun. Irgendwie hat die CDU ja recht, was weder die Gutmenschenfraktion, noch die Hohnlacher bestreiten können. Natürlich ist der Antrag in etwa so sinnvoll, wie ein Brief der Fraktion an Herrn Ahmadinedschad, er möge doch augenblicklich zum Katholizismus konvertieren. Aber so ist es eben bei solchen Marginalgruppierungen wie Splitterparteien, zu denen die CDU in Kreuzberg (wer möge das leugnen) eben gehört: Um sich öffentliche Aufmerksamkeit zu verschaffen, muss man eben ungewöhnliche Wege gehen und sei es um den Preis der eigenen Ernsthaftigkeit.

Alles verloren

Das war mal eine Klatsche! Dass die Initiatoren von Pro Reli das Quorum nicht erreichten, ist eine Sache. Das ist den Tempelhofbefürwortern auch passiert. Aber dass sie unter den abgegebenen Stimmen nicht einmal eine Mehrheit erreichten, ist wohl die Höchststrafe. Es ist ja ein durchaus natürlicher Effekt, dass die Initiatoren eines Volksentscheides mehr Anhänger mobilisieren, als die Gegner, die nicht monatelang in einem Volksbegehren erst einmal um den Volksentscheid ringen mußten. Nach der Niederlage machten Pro Reli Vertreter die angeblich unfaire Politik des Senats für die Schlappe verantwortlich. Hier zeigten sie sich als schlechte Verlierer und auch, dass sie über ein schlechtes Gedächtnis verfügen. Pro Reli war mitnichten in einer David-und-Goliath-Situation. Hinter ihr standen die beiden großen Kirchen, die selbst in der „Heidenhauptstadt“ Berlin noch über sehr viel Macht verfügen. Auch die jüdische Gemeinde ist in dieser Stadt nicht so ganz ohne Einfluß. Es gab mächtige Verbündete. Doch die Auseinandersetzung wurde (übrigens von beiden Seiten) häufig in einer Art geführt, die nicht besonders viel mit christlichen Grundwerten zu tun hat. Eigentlich sollte man den Hauptakteuren – jetzt, da alles vorbei ist – Nachsitzen verordnen – und zwar in Ethik.

Der Kiez wählt gegen Reli

Das Votum im Kiez war sehr eindeutig. Im Schnitt lagen die Neinstimmen beim Volksentscheid über die Einführung vom Religion als Wahl-Pflichtfach bei rund 70 Prozent. Damit lagen die Wähler zwischen Columbiadamm und Landwehrkanal ziemlich genau im Kreuzberger Trend. Gerade mal 12,8 Prozent der Wähler des Stimmbezirks 2119 fanden den Weg ins Abstimmungslokal in der Bürgermeister-Herz-Grundschule in der Wilmsstraße. Das war im Kiez der niedrigste Wert. Insgesamt lag Kreuzberg bei der Wahlbeteiligung mit 26 Prozent rund drei Prozent unter der von ganz Berlin, der Kiez lag mit 23,3 Prozent noch einmal drei Prozent unter Kreuzberg.

Die höchste Wahlbeteiligung gab es in der Charlotte-Salomon-Grundschule in der Großbeerenstraße und in der Reinhardtswald-Grundschule in der Gneisenaustraße. Hier gingen jeweils 27,6 Prozent der Wähler an die Urnen.

Mit 77,3 Prozent Neinstimmen in der Kita Hasenheide lehnte mehr als drei Viertel der Wähler Pro Reli ab. Das war im Kiez der höchste Anteil an Neinstimmen. Immerhin gibt es auch ein Wahllokal, in dem die Initiative Pro Reli einen – wenn auch knappen – Sieg davontrug. In der Seniorenfreizeitstätte am Mehringplatz votierten 58,3 mit „Ja“. Allerdings war die Wahlbeteiligung mit 13,2 Prozent auch die zweitschlechteste.

Spielhalle beraubt

Zwei Unbekannte überfielen am späten Donerstagabend eine Spielhalle in Kreuzberg. Die Maskierten betraten das Geschäft in der Blücherstraße gegen 22 Uhr 30. Sie bedrohten zwei Kunden und eine Angestellte mit einer Schusswaffe und einem Messer. Von der 42-jährigen Angestellten verlangten sie die Herausgabe von Geld. Die Räuber nahmen sich Geld aus der Kasse und flüchteten aus der Spielothek. Bei dem Überfall wurde niemand verletzt.
Die Kriminalpolizei der Direktion 5 hat die Ermittlungen übernommen.

Radler, wollt ihr ewig leben?

Der gemeine Polizist auf der Straße hat es auch nicht leicht. Wenn er nicht gerade Dealern und Junkies auf dem Kotti Platzverweise erteilt, hatte er – zumindest in den letzten beiden Wochen – verschärft auf Zweiradfahrer zu achten, genauer auf Radler, die von ihm meist in freundlichem Ton belehrt wurden, doch bitte nicht den Radweg in der falschen Richtung zu benutzen, rote Ampeln zu beachten und dafür Sorge zu tragen, dass der Drahtesel doch ordnungsgemäß mit Bremse und Licht ausgestattet ist. Zehntausend Radfahrer wurden überprüft, knapp die Hälfte von ihnen beanstandet. Wie groß die Zahl derer war, die sich der Überprüfung einfach entzogen, in der ebenso simplen wie richtigen Erkenntnis, dass ein Radler schneller radelt, als ein Polizist läuft, hat die Pressestelle leider nicht vermeldet. Immerhin berichtet die Polizei, dass die gerügten Radfahrer meist mit völliger Fassungslosigkeit, tiefem Erstaunen und totaler Uneinsichtigkeit reagiert hätten. Was haben die braven Beamten denn erwartet? Bei Radfahrern handelt es sich schließlich mitnichten um normale Verkehrssünder. Natürlich verbreiten sie auf den Gehwegen dieser Stadt Angst und Schrecken. Das müssen sie auch, denn sie sind die letzten bekennenden Anarchisten. Ihnen bleibt ja gar nichts anderes übrig, als Beschränkungen wie rote Ampeln, Einbahnstraßen oder Fußgängerzonen konsequent zu ignorieren, um so ihrem Streben nach absoluter Freiheit und Unabhängigkeit Ausdruck zu geben. Das hebt sie eben vom normalen Verkehrsteilnehmer ab. Und als wahre Freiheitskämpfer sind auch die Radfahrer bereit, für ihren Kampf Opfer zu bringen. Während bei allen anderen Verkehrsteilnehmern die Unfallzahlen sinken, steigt sie bei den Pedaleuren deutlich an. Tapfer! Venceremos, Radler!

Ein halbes Jahrzehnt Cantina Orange

All Blue in der Cantina Orange.  

Foto: pskAll Blue in der Cantina Orange. Foto: psk

Ein halbes Jahrzehnt – das ist doch ein Grund zu feiern. Und so lud die Cantina Orange in der Mittenwalder zur Fete anlässlich des fünften Geburtstages. Das schwäbisch-albanische Restaurant belegte einmal mehr, dass Schwaben mitnichten geizig, sondern im Gegenteil großzügig und sinnesfroh sind. Für alle Gäste gab es nämlich ein ungeheuer leckeres Buffet mit hausgemachten Spätzle, Schweinebraten und natürlich dem legendären (schwäbischen) Kartoffelsalat sowie noch allerhand anderen Leckereien – das alles zum Nulltarif.

Feiern bis in die Nacht im Freien.

Foto: pskFeiern bis in die Nacht im Freien. Foto: psk

Nostalgisch wurde es, als Taki mit „All Blue“ den Keller zum Kochen brachte. Da wurden Erinnerungen an das längst dahingeschiedene Bermuda wach. Nicht nur musikalisch kehrte die Zeit noch einmal zurück. Eine Video-Endlosschleife von einem All-Blue-Konzert im Bermuda beschwor noch einmal das alte Feeling.

Vermessen und zu kurz

Es ist gerade mal zwei Jahre her, da warf sich Bezirksbürgermeister Dr. Franz Schulz vor jede kreischende Kettensäge, um zu verhindern dass den Bäumen am Landwehrkanal auch nur ein Blättchen gekrümmt würde. Es handelte sich dabei immerhin um Bäume die teilweise so marode waren, dass sie Leben und Gesundheit von Mensch und Hund und Rad- und Schifffahrer gefährdeten. Zwei Jahre später findet jener Bezirksbürgermeister nichts dabei, mal eben so 300 Laub- und Obstbäume (von letzteren wimmelt es ja bekanntlich in Kreuzberg) platt zu machen. Und für was? Für Fußballplätze, die an dieser Stelle noch nicht mal mit einem wettkampfgemäßen Maß gebaut werden können. Nur einen Steinwurf weiter soll ein neues eigenes Stadtviertel entstehen – für 10 000 Menschen. Das heißt, mit diesem Projekt würde sich Kreuzberg schlagartig um 7,5 Prozent vergrößern. Hat sich da jemand vermessen? Vom Gleisdreieck aus sind es Luftlinie nicht mal 1000 Meter bis zum Flughafen Tempelhof. Auch dort wird ja aller Voraussicht nach ein neues Stadtviertel entstehen. Etwa wie am Gleisdreieck – nur vermutlich zehn mal so groß. Hat sich mal jemand mit der Frage beschäftigt, wer denn dort hinziehen soll? Vielleicht könnte die Planung für die Wohnanlage am Gleisdreieck auch ein wenig bescheidener ausfallen. Sagen wir mal so, dass dort noch bequem zwei Fußballfelder (in FIFA-Maß), Umkleidekabinen und vielleicht sogar noch ein paar kleine Tribünen hinpassen. Die Bäume würden ebenso stehen bleiben wie die Gartenlauben – und es gäbe am Ende vielleicht die eine oder andere Bauruine weniger in Berlin.

Martin Pannen ist tot

Martin Pannen  Foto:nhuMartin Pannen Foto: nhu

Im Alter von 50 Jahren starb in der vergangenen Woche Martin Pannen, Mitarbeiter der Freiwilligenagentur Friedrichshain-Kreuzberg. Martin Pannen gehörte zu den Gründungsmitgliedern der Grünen. Bereits im Alter von 20 Jahren wurde er zum Landesgeschäftführer der alternativen Partei in Nordrhein-Westfalen gewählt. 1986 legte der Realo das Amt nieder, blieb aber als parteiloser Kreistagsabgeordneter der Kommunal- und Landespolitik verbunden, bis er nach der Wende 1990 nach Sachsen ging, um dort als stellvertretender Landesgeschäftsführer dem Bündnis 90 beim Aufbau von Parteistrukturen zu helfen. So landete er nach der Vereinigung von Bündnis 90 und den Grünen doch wieder bei der Partei, die er mitgegründet hatte.

In Berlin engagierte sich Martin Pannen vornehmlich in sozialen und Kunstprojekten. Seit 2005 war er Stadtkoordinator für das bundesweite Filmfestival „über Arbeit“. Dies wurde von „Die Gesellschafter“ organisiert, dem größten Aufklärungsprojekt von „Aktion Mensch“. Die Koordination des Filmprojekts im Januar, die er zusammen mit der Freiwilligenagentur Friedrichshain-Kreuzberg umsetzte, war sein letztes Projekt, ehe er unerwartet starb.

Betroffen am Kotti

Der Protest der Anwohner und der grüne Familienstreit zwischen Franz Schulz und Cem Özdemir hat nun scheinbar Erfolg – zumindest einen kurzfristigen. Die Polizei hat innerhalb einer Woche gleich zwei Mal starke Präsenz am Kotti gezeigt. Zusammengerechnet kam sie dabei auf 16 Stunden Einsatzzeit. Die Beamten haben in dieser Zeit 68 Platzverweise erteilt. Das heißt, etwa alle Viertelstunde musste sich ein mutmaßlicher Junkie vom Kotti trollen. Außerdem wurden noch zehn Personen festgenommen. Das ist ja alles schön und gut, nur haben uns die Polizeiaktionen letztlich der Lösung keinen Schritt näher gebracht. Die Anwohner dürften nur kurzfristig sediert sein, denn die des Platzes verwiesenen kommen ja alle wieder. Und schließlich lösen sich Junkies und Dealer auch nicht einfach in Luft auf, wenn sie von den Ordnungshütern des Spielfeldes verwiesen werden. Sie suchen sich dann eben neue Spielfelder. Natürlich muss die Polizei Präsenz zeigen, wenn der Kotti gerade mal wieder durch alle Medien getrieben wird. Aber das kann auf die Dauer keine Lösung sein. Schon gar nicht fünf Wochen vor dem 1. Mai. Wenn es dieses Jahr wieder richtig krachen sollte, dann zeigen sich sicher diejenigen wieder ganz besonders betroffen, die nicht in der Lage sind, ein vernünftiges Konzept für die Situation am Kotti zu entwickeln.

Wirte gründen Interessengemeinschaft

Vier Wochen nach ihrem ersten Treffen kamen Wirte aus Kreuzberg abermals zusammen, um sich über die Situation zu beraten. Dass es nicht nur beim Reden bleiben soll, machte „Mrs Lovell“-Chef Rick Ellis deutlich, der auf ein baldiges drittes Treffen drängte. „Es eilt“, meinte er. Stand bei der ersten Zusammenkunft noch das Nichtraucherschutzgesetz im Mittelpunkt der Diskussion, so verlagerte sie sich nun auf die Frage, wie dem fortschreitenden Kneipensterben Einhalt zu gebieten sei. Schnell wurde klar, dass nachhaltige Maßnahmen nur gemeinsam mit einer klaren Organisationsstruktur ergriffen werden können.

So vereinbarte die Gruppe am Montagabend, zunächst eine Interessengemeinschaft „Kreuzberger Wirte“ zu bilden. Die IGKW soll in erster Linie die Gründung eines Vereines vorantreiben. Davon versprechen sich die Gastronomen eine stärkere Verhandlungsposition gegenüber Ämtern und Politik. Darüber hinaus streben sie eine stärkere Vernetzung mit anderen Initiativen an, die sich aus ähnlichen Beweggründen zusammengeschlossen haben. Auch die Künstler, denen immer mehr Veranstaltungsorte abhanden kommen, sollen mit ins Boot genommen werden. Einige von ihnen verfolgen die Aktivitäten der Kneipenbetreiber bereits aufmerksam. Im Gespräch ist auch eine gemeinsame juristische Vertretung, die allerdings erst dann sinnvoll wird, wenn es durch den Verein einen entsprechenden Ansprechpartner gibt. Schließlich wurde eine Telefonkette vereinbart, mit deren Hilfe sich die Wirte gegenseitig schnell über aktuelle Ereignisse informieren können.

Bereits am 30. März wollen sich die Wirte wieder treffen, diesmal in der Cantina Orange. Das Treffen beginnt um 18 Uhr, und weitere Interessenten sind natürlich willkommen.

Es drängt

Drei Mal innerhalb von sechs Wochen wollen sich die Wirte aus dem Kiez zusammensetzen. War das erste Treffen noch geprägt vom gegenseitigen Erfahrungsaustausch, ging es diesmal ans Eingemachte. Einen Verein wollen sie gründen, sich vernetzen, kreative Wege aus der Krise suchen. Sie dokumentieren damit sehr deutlich: Es geht nicht ums Jammern, es geht um die Tat. Am deutlichsten wurde das beim Nichtraucher-Thema, das auf dem zweiten Treffen schon keines mehr war. Vielmehr ist vielen Wirten klar geworden, um was es tatsächlich geht: Ums nackte Überleben. Steigende Mieten, steigende Bierpreise, dramatisch zurückgehende Gästezahlen, verstärkte Kontrollen durch die Ämter und nicht zuletzt der Strukturwandel im Kiez haben in den letzten zwei, drei Jahren bereits ein gutes Dutzend Kneipen aufgeben lassen – allein in Kreuzberg 61! Namen, die für große Kneipentraditionen standen, sind verschwunden: Matto, Malheur, Enzian, Bermuda, Mistral… die Liste ließe sich noch beliebig fortsetzen. Gut, dass sich die Wirte jetzt zusammensetzen und versuchen, diese Liste nicht noch länger werden zu lassen.