Laing schmiegen sich aus der Vergessenheit ins Ohr der Hörer
Erinnert sich eigentlich noch jemand an Laing? Das war diese Gruppe, die Trude Herrs »Morgens bin ich immer müde« auf eine vergleichsweise laute, schrille, aber in erster Linie elektronische Art gecovert hat. 2011 war das, als die Berlinerin Nicola Rost, die als Leadsängerin, Produzentin und Songwriterin die ausgemachte Mutter der Band ist, diesen Track in die gierigen Hände der Öffentlichkeit entließ. Der Bundesvision Song Contest, bei dem die insgesamt vier Berlinerinnen aus unerfindlichen Gründen für Sachsen antraten, katapultierte die Gruppe dann zuerst auf Platz zwei des Wettbewerbs und in den Nachwehen in die Charts. Darauf folgten gleich noch zwei Alben und zwischendurch die eine oder andere Single und dann: nichts.
Gerüchte ließen verlauten, dass Geld fehle oder Ideen oder beides. Im Spätsommer dieses Jahres erschien dann allerdings ein Kinofilm. Der war zwar nicht über die Band, aber mit ihrer Musik. Und prompt erschien eine Woche später das neue Album »Fotogena«.
Den sogenannten »Elektro-Soul-Pop«-Stil behalten sie bei. Tatsächlich bin ich bei jedem Song aufs Neue überrascht, wie kraftvoll, sicher und gleichzeitig zart die Stimmen der drei Sängerinnen einzeln und zusammen ein kleines Kunstwerk bilden. Oder um es mit den Worten eines guten Freundes von mir zu sagen: »cremig und geschmeidig wie schmelzende Butter in deinem Ohr«.
Das besondere Gefühl für die deutsche Sprache, auch von der Klarheit der Gedichte Kästners und Tucholskys inspiriert, ist auffallend holperfrei mit den manchmal marschierenden, manchmal schwebenden Synthesizer-Beats kombiniert. So gut, dass ich mich tatsächlich frage, was zuerst war: Text oder Beat?
Für das Konzert, das die vier Frauen am 18. November im Lido geben, gibt’s leider keine Karten mehr. Aber wir haben Glück: Für den 31. Januar im Columbia Theater kann man sich noch schnell Tickets sichern, bevor Laing vielleicht wieder für vier Jahre in der Versenkung verschwinden.
Erschienen in der gedruckten KuK vom November 2018.