Ton Steine Scherben nahmen 1967 ihre ersten Songs auf
Welche Band kommt Ihnen als erstes in den Sinn, wenn Sie an Kreuzberg denken? Welche Richtung und welches Flair vermittelt diese Musik? Und aus welcher Zeit stammt sie und warum wurde sie geschrieben? In dieser Kolumne gehen wir den Kreuzberger Nächten und ihrer musikalischen Untermalung auf den Grund. Welche Bands kommen eigentlich von hier? Und was schreibt man über diesen berühmt-berüchtigten Stadtteil, wenn man gar nicht von hier kommt?
Eine Band sticht in der Geschichte Kreuzbergs als damals sogenannte Hausbesetzerband heraus. Eigentlich aus Hessen stammend, zogen die Musiker 1967 nach West-Berlin und nahmen in einem kleinen Studio in Kreuzberg die ersten beiden Songs auf. Einer davon hieß »Macht kaputt was euch kaputt macht« und sollte einen riesigen Bekanntheitsgrad im linksalternativen Spektrum erlangen. Ton Steine Scherben nannte sich die Gruppe um Sänger Rio Reiser. Ein Name, der sich laut Bassist Kai Sichtermann aus einem Brainstorming ergab. Reiser dagegen führt den Ursprung auf ein Zitat zurück.
Die Band haderte stark mit den Herrschenden und den Zuständen unter denen in West-Berlin gelebt wurde. Nachdem sie ihr eigenes Plattenlabel gegründet hatten, riefen sie immer stärker zu Protesten und der Aneignung durch das Häuserbesetzen auf. Sie waren es auch, die 1971 nach einem Konzert das Bethanien besetzten.
Immer wieder katapultierten sie sich durch ihre kritische Meinung und Lieder ins Rampenlicht.
Als sich die Band wegen persönlicher Probleme 1985 auflöste, hatte sie fünf geniale und heute (wieder) viel gehörte Platten veröffentlicht. Da die Platten damals allerdings von schlechter Qualität waren und somit die Nachfrage ausblieb, hatte die Band hohe Schulden. Reiser veröffentlichte daraufhin noch sechs weitere Alben, bevor er 1996 an den Folgen seines Alkoholismus verstarb.
2014 gründete sich die Band erneut und startete eine Tour mit zahlreichen Gastauftritten, bevor sie 2016 ihr endgültiges Gesamtwerk veröffentlichten. Doch der Tod Reisers zehrt an ihrer Bekanntheit und dem Interesse der Hörer. Doch tatsächlich spielen sie auch jetzt immer noch auf leider nur kleinen Bühnen in ganz Deutschland. Doch die Platten leben ewig.
Erschienen in der gedruckten KuK vom Oktober 2017.