Der gemeine Polizist auf der Straße hat es auch nicht leicht. Wenn er nicht gerade Dealern und Junkies auf dem Kotti Platzverweise erteilt, hatte er – zumindest in den letzten beiden Wochen – verschärft auf Zweiradfahrer zu achten, genauer auf Radler, die von ihm meist in freundlichem Ton belehrt wurden, doch bitte nicht den Radweg in der falschen Richtung zu benutzen, rote Ampeln zu beachten und dafür Sorge zu tragen, dass der Drahtesel doch ordnungsgemäß mit Bremse und Licht ausgestattet ist. Zehntausend Radfahrer wurden überprüft, knapp die Hälfte von ihnen beanstandet. Wie groß die Zahl derer war, die sich der Überprüfung einfach entzogen, in der ebenso simplen wie richtigen Erkenntnis, dass ein Radler schneller radelt, als ein Polizist läuft, hat die Pressestelle leider nicht vermeldet. Immerhin berichtet die Polizei, dass die gerügten Radfahrer meist mit völliger Fassungslosigkeit, tiefem Erstaunen und totaler Uneinsichtigkeit reagiert hätten. Was haben die braven Beamten denn erwartet? Bei Radfahrern handelt es sich schließlich mitnichten um normale Verkehrssünder. Natürlich verbreiten sie auf den Gehwegen dieser Stadt Angst und Schrecken. Das müssen sie auch, denn sie sind die letzten bekennenden Anarchisten. Ihnen bleibt ja gar nichts anderes übrig, als Beschränkungen wie rote Ampeln, Einbahnstraßen oder Fußgängerzonen konsequent zu ignorieren, um so ihrem Streben nach absoluter Freiheit und Unabhängigkeit Ausdruck zu geben. Das hebt sie eben vom normalen Verkehrsteilnehmer ab. Und als wahre Freiheitskämpfer sind auch die Radfahrer bereit, für ihren Kampf Opfer zu bringen. Während bei allen anderen Verkehrsteilnehmern die Unfallzahlen sinken, steigt sie bei den Pedaleuren deutlich an. Tapfer! Venceremos, Radler!
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