SPD wirft Florian Schmidt Manipulation vor
Hat er, oder hat er nicht? Die Frage, ob Baustadtrat Florian Schmidt Akten manipuliert hat oder nicht, ist nicht nur in Kreuzberg ein Aufreger. Selbst die in München erscheinende Süddeutsche Zeitung widmet dem derzeit vermutlich bekanntesten Kommunalpolitiker der Republik eine ganze Reportage.
Darin erfährt der Leser, dass in Schmidts Büro eine ihn selbst zeigende Karikatur im Stile Che Guevaras hängt. Damit scheint geklärt, mit wem sich der Stadtrat eher vergleicht: Mit Che oder mit Robin Hood. Als solchen hat ihn der Regierende Bürgermeister Michael Müller bezeichnet, und ihm auch noch ein »Mini-« vorangestellt.
All das sind die Folgen jener Aktenaffäre, die nun so hochkocht, dass sich Schmidt Rücktrittsforderungen, Strafanzeigen und einer Untersuchung der Senatsverwaltung des Inneren gegenüber sieht.
Im Grunde hängt alles mit der unkonventionellen Art zusammen, mit der Schmidt seit Jahren versucht, den Immobilienspekulanten beizukommen. Das Mittel des Vorkaufsrechts hat schon einige Male gegriffen und auch schon Investoren in die Knie gezwungen. Das Problem bei diesem Konstrukt: Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg kann die Immobilien, für die er das Vorkaufsrecht geltend macht, gar nicht alle selbst kaufen. Also wird das Vorkaufsrecht an solche Investoren weitergegeben, die im Sinne des Bezirks investieren, etwa mit Blick auf die Kreuzberger Mischung, vor allem aber bezahlbaren Wohnraum.
Es war allerdings auch abzusehen, dass Schmidt diese Art von weißen Rittern irgendwann einmal ausgehen würde.
Mit der Gründung von »Diese eG« sollte Abhilfe geschaffen werden. Als die SPD nun Unterlagen zum Kauf von Wohnungen durch »Diese eG« in der Rigaer Straße einsah, fiel ihr auf, dass sie einerseits falsch paginiert waren und dass auch Teile fehlten.
In einer gemeinsamen Fraktionssitzung von Grünen, Linken und SPD räumte Florian Schmidt das zwar ein, sah darin aber keine Manipulation oder ein Versäumnis. »Er wollte verhindern, dass die Inhalte von Akten von CDU und FDP instrumentalisiert und von einem Redakteur des Tagesspiegels zur politischen Agitation genutzt werden«, heißt es in einer Pressemitteilung der SPD.
In der gleichen Pressemitteilung von 17. Januar stellte die SPD dem Baustadtrat ein Ultimatum bis zum 27. Januar. Bis dahin solle er Einsicht in alle Akten geben, »sonst ist sein Rücktritt unvermeidbar.«
Allerdings wurde inzwischen die Senatsinnenverwaltung tätig. Innensenator Geisel verfügte die Bezirksaufsicht über den Baustadtrat.
Linke hält sich im Fall Florian Schmidt zurück
Konkret heißt das, dass die Vorgänge um die fehlenden Akten nun untersucht werden. Außerdem beschäftigt sich nun auch der Landesrechnungshof mit der »Diese eG«.
Die Grünen sprangen ihrem angeschlagenen Bezirksstadtrat natürlich bei. Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann sieht auch keinen Grund dafür, dass Schmidt zurücktreten müsse. Allerdings fanden auch einige Parteifreunde Schmidts Wortwahl in der gemeinsamen Fraktionssitzung ein wenig unglücklich.
Ist Schmidt nun nachhaltig gefährdet oder ist alles nur wieder so ein berühmter Sturm im Wasserglas?
Für Außenstehende ist das nur schwer einzuschätzen. Interessant ist deshalb ein Blick auf den Dritten im Bunde der grün-rot-roten Konstellation im Bezirksamt.
In den vergangenen Monaten waren es stets die Linken, die, vor allem im Falle Bergmannstraße, Florian Schmidt oft sehr hart angegangen sind. Aus ihren Reihen ist jetzt eher beredtes Schweigen zu hören.
Es gibt allerdings Ausnahmen. Der stellvertretende Bezirksbürgermeister Knut Mildner-Spindler gab jüngst der Berliner Morgenpost ein Interview, in dem er unter anderem auch zum Fall Florian Schmidt befragt wurde. Auf die Frage, ob er auch Dokumente vor einer Akteneinsicht herausnehmen würde, meinte Mildner-Spindler, dass das ein ganz normaler Vorgang sei, weil es ja auch um schutzwürdige Belange Dritter oder das öffentliche Interesse gehe. Aber man müsse dann vor Einsichtnahme darüber informieren. Allerdings kann sich Mildner-Spindler nicht erinnern, dass sein Kollege im Bezirksamt dagegen verstoßen hätte.
Das Ultimatum der SPD ist ausdrücklich nicht vom Tisch, obwohl es durch die Untersuchungen von Innenverwaltung und Landesrechnungshof im Grunde überflüssig geworden ist. Wird man nämlich an diesen Stellen fündig und erkennt gravierende Fehler Schmidts, wird er sowieso zurücktreten müssen. Wird er allerdings durch die Untersuchungen entlastet, spielt das Ultimatum der SPD auch keine Rolle mehr.
Erschienen in der gedruckten KuK vom Februar 2020.