»Ich habe meinen Beruf zum Hobby gemacht«

Robert S. Plaul traf den KuK-Drucker Ulrich Sattler

Uli SattlerUli Sattler. Foto: rsp

»Sag mal Uli, kennst du eine gute Druckerei?« Mit dieser unschuldigen Frage fing das alles an, als Miran Hauptmann und Peter S. Kaspar vor etwas über 15 Jahren die Idee für eine Kiezzeitung hatten. Heute ist Uli Sattler neben dem Chefredakteur gewissermaßen der dienstälteste Mitarbeiter der Kiez und Kneipe. Als freier Mitarbeiter der Druckerei KOMAG hat er beinahe alle Ausgaben der KuK gedruckt.

Dass Uli, geboren 1958 in Krefeld, überhaupt eine Druckerkarriere einschlug, war eher ein Zufall, der auch der Berufsschulpflicht geschuldet war. Jedenfalls schloss er seine Ausbildung an der Assistentenschule für Gestaltung 1980 mit der »Fachprüfung Offsetdrucker« ab.

Der erste Job in einer lokalen Druckerei machte Spaß, auch wenn die dort produzierten Drucksachen – Fachzeitschriften über Schweißtechnik sowie Branchenblätter im Bereich Kfz, Bus und Bau – wenig Abwechslung versprachen.

Da trotz Ausbildung und Abendschule auch immer wieder die Wehrpflicht drohte, flüchtete Uli 1984 wie so viele andere nach Berlin. Drucker waren damals heiß begehrt. »Wann können Sie anfangen?«, fragte man ihn. »Morgen?

Die Druckerei Johann Schönwald in der Alexandrinenstraße war »die erste Druckerei, wo richtig alles funktionierte«, erzählt er – aber auf Dauer war es ihm auch hier zu langweilig.

Mehr Herausforderung fand er bei Felgentreff & Goebel in der Zossener Straße. Er erinnert sich an hochwertige Auktionskataloge für die Villa Grisebach. Mit der Übernahme der Firma durch den Bauer Verlag kamen dann allerdings nicht nur Pferdepostkarten für die Bravo Girl, sondern auch die baldige Schließung des Betriebs.

So stand Uli, der dort noch seinen »Industriemeister Druck« gemacht hatte, 1992 erstmal auf der Straße. Sein Berufswunsch war klar: Er wollte eine Stelle als Auftragsbearbeiter, gewissermaßen die Schnittstelle zwischen Kunde und Drucker. Doch solche Jobs werden bevorzugt an Personen mit mehrjähriger Erfahrung auf dem Posten vergeben.

Nach einer Zwischenstation bei einer Druckerei im Oranienhof, fand er dann im Sommer 1995 eine Stellenanzeige der Verwaltungsdruckerei, die genau seinen Traumjob ausschrieb. Uli bewarb sich – und wurde genommen.

Als das Land Berlin die eigene Druckerei 2002 schloss, hätte Uli über genug Erfahrung verfügt, um sich überall als Auftragsbearbeiter zu bewerben, doch nun war er ja auch unbefristet Angestellter im öffentlichen Dienst – keine schlechte Situation in Zeiten des Druckereisterbens.

Das »Zentrale Personalmanagement« des Landes wusste allerdings nicht so recht, wohin mit ihm, und auch die meisten Behörden suchten eher einen gelernten Verwalter als einen Drucker. Nur in Neukölln zeigte man sich offen für Quereinsteiger. Seit 2010 arbeitet er dort als Sachbearbeiter im Bereich »Hilfe zur Pflege« des Sozialamtes. Seine Behörde springt ein, wenn Pflegeversicherung und Einkommen nicht ausreichen, um die Kosten einer häuslichen Krankenpflege zu decken.

Und das Drucken? Der Kontakt zu KOMAG kam noch zu Verwaltungsdruckereizeiten, als beide Druckereien in der Kohlfurter Straße residierten. Immer wieder sprang er seitdem für einzelne Aufträge als Aushilfe ein. »Andere machen ihr Hobby zum Beruf«, sagt er. »Ich habe meinen Beruf zum Hobby gemacht.«

Erschienen in der gedruckten KuK vom Dezember 2019.

Ansporn und Motivation

Dies ist eine ganz besondere Ausgabe der Kiez und Kneipe. Einerseits markiert sie unseren Geburtstag. Am 4. Dezember vor 15 Jahren erschien das Kreuzberger Lokalblättchen nämlich zum ersten Mal.
Dass wir nun in unseren 16. Jahrgang gehen, ist so selbstverständlich nicht. Wer in den letzten Wochen und Monaten die Berichterstattung in eigener Sache verfolgt hat, wird registriert haben, dass diese Ausgabe und damit auch der weitere Fortbestand der KuK zeitweise in den Sternen stand.
Mittlerweile hat sich einiges geändert. Getragen von einer Welle der Solidarität und aktiver Unterstützung, die uns überrascht und berührt hat, ist die Existenz der KuK für das kommende Jahr und hoffentlich darüber hinaus aus heutiger Sicht gesichert.

Erschienen in der gedruckten KuK vom Dezember 2019.

»bUm« statt Google Campus

Einst wollte Google das Umspannwerk am Paul-Lincke-Ufer selbst beziehen. Es wäre der weltweit siebte Google-Campus geworden, mit einem Betreuungsprogramm für Start-ups und einem Google-Café. Jetzt hat dort stattdessen das bUm eröffnet, ein Haus für die engagierte Zivilgesellschaft, in dem gemeinnützigen Organisationen und sozial engagierten AkteurInnen Raum zum Arbeiten geboten wird. Die Trägerorganisationen sind betterplace und Karuna, denen Google das Umspannwerk fünf Jahre mietfrei zur Verfügung stellt. Dass es dazu kam, ist ein Verdienst der organisierten Kiezbewohner Kreuzbergs.

Erschienen in der gedruckten KuK vom November 2019.

Der Osten und der Westen

Die Geschichten der Menschen, die dabei waren, als die Mauer fiel, sind spannend. Aber davon haben wir mittlerweile die meisten gehört. Also fragen wir unsere beiden Redaktionsküken. Was bedeutet Ost und West für Menschen, die nach 1990 geboren sind? Ist die Wiedervereinigung ihrer Meinung nach geglückt? Oder ist Deutschland immer noch gespalten?

Erschienen in der gedruckten KuK vom November 2019.