Der Wrangelkiez entwickelt Perspektive

Erstaunliche Ergebnisse der Sozialstudie des Senats

Das Wort von Klaus Wowereit ist ja inzwischen schon ein geflügeltes, nach dem Berlin arm aber sexy sei. Wenn das stimmt, dann ist Kreuzberg zwar am ärmsten, sicher aber auch am sexiesten. Wer es nicht glaubt, soll sich nur einmal die jüngste Sozialstudie des Senats betrachten.

Danach ist Kreuzberg eigentlich ziemlich hoffnungslos. Doch wer sich die Karte bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung mal genauer anschaut, der stutzt dann doch ein wenig.

Dass es dem Süden Kreuzbergs besser geht als dem Norden, ist eine Binsenweisheit, doch dass der Entwicklungsindex beispielsweise der Düttmannsiedlung so hoch wie der des Chamissoplatzes sein soll, erschließt sich dem kiezkundigen Bewohner dann doch nicht so schnell.

Ganz heimlich träumt ja so mancher Kreuzberger seinen kleinbürgerlichen Traum von einer schönen Wohnung am Fraenkel- oder Paul-Lincke-Ufer. Doch Vorsicht! Das Fraenkel-Ufer hat einen sehr niedrigen und das Paul-Lincke-Ufer immerhin noch einen niedrigen Entwicklungsindex. Überhaupt gibt es nördlich des Landwehrkanals nur einen kleinen Fleck, dem ein mittleres Entwicklungspotential zugestanden wird. In Kreuzberg ist das übrigens schon das allerhöchste der Gefühle und entspricht dann dem Chamissokiez.

Dieses kleine Fleckchen umfaßt den Wrangelkiez zwischen Görlitzer Park und Spree-Ufer. Manch einer mag sich nun fragen, ob es sich um den Wrangelkiez handelt, in dem die Polizei eine Hundertschaft braucht, um einen zwölfjährigen Handydieb festzunehmen. Wenn sich der Grafiker beim Erstellen der Karte nicht sehr getäuscht hat, dann handelt es sich genau um jenen Problemkiez.

Nun geht es bei der Studie um Entwicklungsperspektiven. So liegt es nahe, dass in diesem Fall vielleicht schon das Entwicklungspotential der Mediaspree eingepreist ist. Tatsächlich werden die Gebiete in SO 36 auf der Karte immer roter, je weiter sie von der Spree entfernt sind.

Zwischen Heinrich- und Oranienplatz, Wassertor und Engelbecken heißt es dann laut Senatsstudie alle Hoffung fahren lassen. Der Entwicklungsindex dort heißt: sehr gering!

Erschienen in der gedruckten KuK vom Februar 2010.

Die KuK-Drucker

Es ist nicht wenig Arbeit, eine Zeitung wie die Kiez und Kneipe zu machen. Artikel müssen recherchiert und geschrieben werden, Fotos müssen gemacht werden, Anzeigen müssen akquiriert werden, und dann muss die ganze Angelegenheit auch noch umbrochen, also in eine Form gegossen werden, die nach Zeitung aussieht. Doch wenn sich die Redaktion nach einem erfolgreichen Umbruchwochenende erschöpft zurücklehnt, geht die Arbeit für andere Akteure erst richtig los. Denn was wäre eine Zeitung ohne die Druckerei?

Erschienen in der gedruckten KuK vom Dezember 2009.

Beobachtungen zur Bergmannstraße

Kurz nach dem diesjährigen Jazzfest in der Bergmannstraße machte der interessierte Kreuzberger Bürger eine eigenartige Beobachtung: von einem Tag zum anderen war die Straße mit dreieckigen Fähnchen in den munteren Farben gelb, blau, rot und weiß geschmückt. Von einem Haus zum anderen auf der gegenüber liegende Straßenseite waren in unterschiedlicher Höhe und kreuz und quer diese kleinen Wimpel, die sich eifrig im Wind bewegten, zu sehen.

Erschienen in der gedruckten KuK vom Dezember 2009.

Cantina in Cannstatter Hand

Es mag ja vielleicht auch daran liegen, dass man in Kreuzberg Minderheiten gegenüber wesentlich toleranter ist als am Prenzelberg. Dort jedenfalls hatte der VfB-Fanclub »Landesvertretung Cannstatt 07« lange Zeit sein Domizil. Aber am Prenzelberg sind auch Plakate aufgetaucht, die den Weg zurück nach Stuttgart weisen (650 Kilometer). Als es dann auch noch innerhalb der Fangruppe Differenzen gab, zog der größere Teil hinaus, um sein Glück zu suchen.

Erschienen in der gedruckten KuK vom November 2009.

Authentisch, intensiv und exzessiv

»Wer alleine Pornos guckt, ist ein Wichser« – so drastisch, aber auch missverständlich formulierte es der Trailer zum 4. Pornfilmfestival, das Ende Oktober im Moviemento stattfand. Denn bei der Veranstaltung ging es mitnichten um die klassischen »Rubbelfilme«, wie sie von den großen Distributoren in hoher Zahl für ein überwiegend männliches Publikum produziert werden.

Erschienen in der gedruckten KuK vom November 2009.

Hubschrauber, Bürgerwehr und gute Worte

Brennende Autos in Kreuzberg und Friedrichshain scheinen inzwischen zum Alltag zu gehören. Wie die Berliner Polizei diesem inzwischen chronischen Problem endlich Herr werden will, hat Polizeipräsident Glietsch in einem großen Interview, das er dem »Tagespiegel« gegeben hat, leider nicht verraten. Dagegen hat der frühere CDU-Bundestagskandidat für Kreuzberg der gleichen Zeitung verraten, was er ablehnt, nämlich eine Bürgerwehr.

Erschienen in der gedruckten KuK vom November 2009.

Grenzerfahrungen

Bei Dreharbeiten zu einem Film, der an der deutsch-deutschen Grenze spielt, dreht der Schauspieler Christian Blank (Rainer Frank), der einen DDR-Grenzer spielen soll, plötzlich durch, attackiert aus heiterem Himmel einen Kollegen und landet in der Psychiatrie. In einem Gespräch mit einer Ärztin wird seine ostdeutsche Vergangenheit aufgerollt.

Erschienen in der gedruckten KuK vom November 2009.