Dinieren statt Parkieren

»X-Hain-Terrassen« sollen Lokalen und Einzelhandel über die Krise helfen

X-Hain-Terrasse auf einem ParkstreifenWo gerade noch Autos standen, gibt es jetzt Wein und Köstlichkeiten. Foto: rsp

Mehr als 110 Gastwirte aus Friedrichshain-Kreuzberg, davon etwa die Hälfte aus Kreuzberg, haben bislang von dem Angebot des Bezirks Gebrauch gemacht, eine zusätzliche Sondernutzungsfläche für die Außengastronomie zu beantragen. Für die sogenannten »X-Hain-Terrassen« wird, abhängig von der Größe des Lokals, ein gewisser Teil des Parkstreifens auf der Straße abgesperrt und steht temporär als erweiterte Bewirtungsfläche zur Verfügung – allerdings nur freitags bis sonntags von jeweils 11 bis 22 Uhr. Der Antrag selbst ist kostenlos, lediglich die Kosten für Halteverbotsschilder und Absperrungen müssen selbst getragen werden.

Neben der Gastronomie können auch Einzelhändler und soziale Projekte eine Sondernutzung beantragen. Ihnen steht die umgewidmete Parkfläche montags bis freitags von 10 bis 20 Uhr zur Verfügung.

Mit dem Angebot will der Bezirk die Auswirkungen der geltenden Abstandsregelungen abmildern, mit denen eine Verringerung der maximalen Gästezahl einhergeht.

Nachdem in einer ersten Runde Online-Anträge für den Zeitraum bis Ende August möglich waren und das Formular kurzfristig vom Netz genommen wurde, steht es jetzt wieder zur Verfügung. Sofern der Ort des Betriebs die Bedingungen erfüllt (Nebenstraße, keine Spielstraße), werden jetzt Genehmigungen bis Ende Oktober erteilt. Bestehende Nutzer sollen unkompliziert verlängern können.

Auch wenn die Reduzierung der Parkflächen für Autos in die bezirkliche Verkehrsstrategie zu passen scheint, sei die Maßnahme ausdrücklich nur eine Reaktion auf die coronabedingten Herausforderungen, erklärt Pressesprecherin Sara Lühmann. Ob es eine Neuauflage im nächsten Jahr geben wird, »hängt vom Pandemie-Geschehen ab.«

Erschienen in der gedruckten KuK vom August 2020.

Kisch & Co kämpft gegen Verdrängung

Gut 150 Menschen kamen Ende Juni zu einer Kundgebung vor der Oranienstraße 25 zusammen. Die dort seit 23 Jahren ansässige Buchhandlung Kisch & Co ist akut von Verdrängung bedroht. Nachdem Verhandlungen über eine Mietvertragsverlängerung mit dem neuen Hausbesitzer, einem anonymen luxemburger Immobilienfonds, gescheitert waren, steht der Buchladen seit Anfang Juni ohne Mietvertrag, aber dafür mit Räumungsaufforderung da.

Erschienen in der gedruckten KuK vom Juli 2020.

Die Nacht ist nicht lang genug

Man kann über die Corona-Pandemie und die Social-Distancing-Maßnahmen sagen, was man will, aber zu einem waren sie immerhin gut: Ich konnte mich endlich einmal mit dieser DVD-Box beschäftigen, die vor ein paar Monaten im Sonderangebot war: eine vollständige Sammlung sämtlicher James-Bond-Filme, die bislang erschienen sind und von denen ich tatsächlich einige noch nicht kannte.

Der Film-Marathon brachte im Wesentlichen drei Erkenntnisse:

Erstens: Eigentlich gibt es nur ein bis zwei wahre Bond-Darsteller.

Zweitens: Das ist aber egal. Heutzutage darf offenbar jeder Bond spielen.

Drittens: Die Handlung ist eigentlich genauso beliebig wie die Besetzung.

Aus all dem folgt zwingend, dass es auch genauso gut einen Kreuzberger Bond-Ableger geben könnte, um nicht zu sagen: sollte.

Erschienen in der gedruckten KuK vom Juni 2020.

»Dieses Homeoffice-Gefühl ist eigentlich ganz angenehm«

Die Maßnahmen zur Eingrenzung der Corona-Pandemie haben viele Menschen vor ganz neue Herausforderungen gestellt, vor allem, wenn es darum geht, ihrer beruflichen Tätigkeit nachzugehen. Doch während Arbeiten im Homeoffice und Videokonferenzen zumindest in einigen Branchen kein absolutes Neuland sind, funktioniert Schulunterricht meistens noch ziemlich analog und vor allem: vor Ort und in oft gro­ßen Gruppen – ein Ding der Unmöglichkeit in Zeiten von Corona.

Erschienen in der gedruckten KuK vom Juni 2020.

Eine Geschichte der Aufmüpfigkeit

Jürgen Enkemann kann wohl mit gutem Gewissen als »Kreuzbergversteher« bezeichnet werden. 1963 zog er nach Abschluss eines philologischen Studiums von Göttingen nach Kreuzberg und blieb dort. Als Mitbegründer und Mitglied zahlreicher Ini­tiativen im Bezirk und Herausgeber des Kiezmagazins »Kreuzberger Horn« (seit 1998) hat er viele der Ereignisse und Entwicklungen selbst miterlebt und mitgestaltet, von denen er in seinem jetzt im vbb verlag für berlin-brandenburg erschienenen Buch berichtet.

Erschienen in der gedruckten KuK vom Juni 2020.

They’re talkin’ about an isolation

Ich bin bei dieser Zeitung gewiss nicht derjenige, der für Verschwörungstheorien verantwortlich zeichnet, aber beim Thema Corona muss ich dann doch mal die entscheidende Frage stellen: Cui bono? Wem nützt es? Die Antwort ist einfach: Leuten wie mir.

Während soziale Distanz und Isolation, Nudel- und Klopapier-Engpässe, geschlossene Kneipen und offene Rechnungen für Otto Normalverbraucher zunehmend zum Problem werden, gibt es auch Profiteure der Krise: Lesebühnenautoren und Kiezzeitungskolumnisten. Corona sei Dank können sie endlich schreiben, was noch nie jemand wissen wollte: Was für ein ödes Leben sie zu Hause in den eigenen vier Wänden führen. Wie der erste Brotbackversuch gelaufen ist. Was sie im Supermarkt gekauft haben und was nicht. Wie ihrer Meinung nach das Wort »Quarantäne« ausgesprochen wird. Wie gut die erste Videokonferenz geklappt hat. Was sie bei Netflix gesehen und auf Facebook gelesen haben.

All das haben wir Alltagsschreiber zwar schon immer geschrieben, aber erst die Krise adelt die belanglose Beobachtung zur pointierten Pulsmessung der Zeit. Geistloses wird zur Gesellschaftskritik, Genretext zur Gegenwartsliteratur.

Erschienen in der gedruckten KuK vom Mai 2020.

»Wir lassen uns nicht unterkriegen!«

Kreuzberger Geschäfte, Restaurants, Kneipen und Selbstständige leiden unter dem Corona-Virus

Die wegen des Corona-Virus erlassene Kontaktsperre trifft in Kreuzberg viele Geschäfte, Restaurants, Cafés, Ateliers und Kulturschaffende sehr hart. Nur wenige Läden bleiben geöffnet. Die KuK hat sich umgesehen und umgehört.

Erschienen in der gedruckten KuK vom April 2020.