Kehren vor der eigenen Tür

Putzaktion für Toleranz in der Gneisenaustraße

Putzaktion Gneisenaustraße: Reinemachen als Toleranzkonzept. Foto: psk

Unter dem Moto: »Frühjahrsputz zum Kennenlernen« hatte die Initiative »Tolerantes Kreuzberg« an die U-Bahnstation Gnei­se­nau­straße eingeladen. Nachbarn aus dem Kiez und die Gruppe jener Methadonpatienten, die sich bei kühlem Wetter im U-Bahnhof treffen, sollten gemeinsam die Grünanlagen des Mittelstreifens säubern und sich dabei kennenlernen.

Schon im Vorfeld hatte es für diese Aktion große Unterstützung gegeben. Das Bezirksamt hatte unbürokratisch geholfen, die BSR stellte Reinigungsmaterial zur Verfügung, und aus der Nachbarschaft gingen zahlreiche Sachspenden zum gemeinsamen Verzehr ein. Selbst an die Hunde wurde gedacht. Passanten brachten Leckerlis für die Vierbeiner vorbei. Für den ständigen Kaffee-Nachschub sorgte das »backbord«. Das neu eröffnete »Nonne & Zwerg« überraschte die fleißige Truppe mit mediterranen Schnittchen. »Getränke George« sowie »Nah und gut« be­tei­lig­ten sich mit Getränkespenden, ebenso wie viele andere Privat- und Geschäftsleute, wie zum Beispiel Blumen-Heidi oder die Bäckerei in der Mittenwalder, die alle zum Gelingen dieses Tages irgendwie beitrugen.

Nur das Wetter schien zunächst nicht richtig mitzuspielen. Regen- und Graupelschauer sowie Temperaturen unter zehn Grad ließen nicht darauf schließen, dass sich am Ende insgesamt mehr als 50 Menschen an der Putzaktion beteiligten. Am Nachmittag besuchte auch der stellvertretende Bezirksbürgermeister und Sozialstadtrat Knut Mildner-Spindler den Ort des Geschehens und zeigte sich beeindruckt von diesem Beispiel des nachbarschaftlichen Miteinanders »für einen lebens- und liebenswerten Kiez«, wie es in einem Flyer der Initiative »Tolerantes Kreuzberg« hieß.

Mit diesem Flyer versuchten Mitglieder der Initiative und der Gruppe von U-Bahnhof auch mit Passanten ins Gespräch zu kommen. Ziel war es, Verständnis für die soziale Situation der Methadonpatienten zu wecken und klar zu machen, dass von der Gruppe weder Gewalttätigkeiten noch sonst eine Gefahr ausgehe.

»Trittbrettfahrer« sorgen für Verunsicherung

Meist stießen sie damit auf Verständnis. Doch nicht immer. Es gab allerdings manchmal auch harte Diskussionen und unüberbrückbare Gegensätze. Dann wurde die Gruppe zum Störfaktor erklärt und sie auch schon mal kriminalisiert.

Die Vorurteile schienen sich ausgerechnet wenige Tage nach der sehr gelungenen Veranstaltung zu bestätigen, als die Polizei gleich zwei Mal anrückte.

Tatsächlich hatten sich zwei harte Junkies unter die Gruppe gemischt, die es aber nicht zulassen wollte, dass hier gefixt wurde. Es kam zu körperlichen Auseinandersetzungen und es war schließlich ein Vertreter der Gruppe, der die Polizei alarmierte.

Der Vorfall sorgte anschließend für zahlreiche Spekulationen, die von »reiner Zufall« über »Trittbrettfahrer« bis hin zu »geplanter Provokation« reichten. Trotzdem hält die Gruppe auch weiter an ihrem Plan fest, sich möglichst bald als Verein zu konstituieren, um die Situation langfristig zu verbessern. Dafür haben das Bezirksamt und die Initiative »Tolerantes Kreuzberg« ihre Unterstützung zugesagt.

Zudem sind auch weitere Projekte angedacht. So steht zum Beispiel ein Modell zum Thema »Nachbarschaftshilfe« zur Diskussion.

Mit der Putzaktion, so glauben die Vertreter der Initiative, ist eine gute Grundlage für künftige Aktionen gelegt. Sylvia Zepfel, Kopf der Initiative, erklärte: »Mein Fazit ist, wir brauchen noch mehr solcher Aktionen und Toleranz, um diese Probleme zu lösen. Ich freue mich schon auf das nächste Miteinander.«

Erschienen in der gedruckten KuK vom Mai 2017.

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