Fünf muntere Runden vor den Wahlen

KuK lädt die Kandidaten zur Diskussion

Live im Kiez und als Stream im Internet – insgesamt fünf Redaktionsgespräche führte die Kiez und Kneipe mit den Wahlkandidaten. Foto: rsp

Selbstbewusste Grüne, hoffnungsfrohe Kandidaten von Linken und SPD und putzmuntere Mitbewerber von CDU und FDP – so erlebten die Gäste und Zuschauer die insgesamt fünf Fragerunden, die die KuK im August in vier Kneipen organisierte.

Das bewährte und inzwischen 16 Jahre alte Format erfuhr dieses Mal zwei einschneidende Neuerungen. Da Bundestags- und Berlin-Wahl zum ersten Mal seit Existieren der KuK auf einen Tag fallen, gaben wir den Bundestagskandidaten die Möglichkeit, ihrerseits einen Kandidaten fürs Abgeordnetenhaus oder die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) mit aufs Podium zu nehmen.

Die zweite Neuerung: Erstmals wurden die Veranstaltungen live im Netz übertragen. Das und die noch nicht überstandene Pandemie waren dann auch die Gründe, warum es insgesamt bei den Kneipengesprächen weniger Zuschauer vor Ort gegeben hat als in den vergangenen Jahren.

Zu engagierten Diskussionen kam es trotzdem. Fragen konnten nämlich nicht nur vor Ort, sondern auch über das Netz gestellt werden.

Für die Veranstaltungen hatte die KuK ein eigenes Hygienekonzept erstellt. So galt zum Beispiel für Moderatoren und Teilnehmer auf dem Podium, dass sie unabhängig von einer Impfung getestet sein mussten.

Standen für die Fragerunden in den letzten Jahren nur 45 Minuten zur Verfügung, wurde dies angesichts zweier Kandidaten auf 75 Minuten aufgestockt.

Alle Redaktionsgespräche können über YouTube abgerufen werden. Davon wurde bereits reichlich Gebrauch gemacht. Über 400 Mal wurden die Gespräche bislang angeklickt.

Fünf muntere Runden vor den Wahlen
KuK lädt die Kandidaten zur Diskussion
Mehr Digitales und höhere Häuser
Ann Cathrin Riedel und Michael Heihsel (FDP) zu Gast im unterRock
Das Ökologische mit dem Sozialen zusammenbringen
Pascal Meiser und Oliver Nöll (Die Linke) sehen viel Bedarf für Reformen
»Mit Zwang erreicht man nichts«
Kevin Kratzsch und Marita Fabeck (CDU) wollen in der Politik Rahmenbedingungen schaffen
»Zu viel Kapital auf dem Wohnungsmarkt«
Canan Bayram und Clara Herrmann (Grüne) wollen einen gemeinwohlorientierten Wohnungsmarkt
SPD-Kandidaten klar für rot-rot-grün
Cansel Kiziltepe und Sebastian Forck stellen sich im Gasthaus Valentin den Fragen der KuK
Aus der Kneipe ins Internet
Wie die KuK die Öffentlichen Redaktionsgespräche live übertragen hat

Erschienen in der gedruckten KuK vom September 2021.

Hilfe bei der Qual der Wahl

KuK lädt zu öffentlichen Redaktionsgesprächen mit den Direktkandidaten

Unübersehbar naht die Bundestagswahl, und auch wenn sich die mediale Berichterstattung derzeit vor allem auf die PR-Pannen der Kanzlerkandidaten konzentriert, geht es natürlich um viel mehr – zumal gleichzeitig ja auch noch die Berlin-Wahl ansteht.

Deshalb lädt die Kiez und Kneipe auch in diesem Jahr zu öffentlichen Redaktionsgesprächen mit den Direktkandidatinnen und -kandidaten der wichtigsten demokratischen Parteien ein.

Öffentliche Redaktionsgespräche erstmals auch als Livestream. Foto: rsp

Während Pascal Meiser (Linke), Cansel Kiziltepe (SPD) und die derzeitige Inhaberin des Direktmandats Canan Bayram (Grüne) bereits im Bundestag vertreten sind, begrüßen wir mit Ann Cathrin Riedel (FDP) und Kevin Kratzsch (CDU) auch zwei neue Gesichter.

Anders als bei vielen Podiumsdiskussionen konzentrieren wir uns an den insgesamt fünf Terminen jeweils auf eine Partei – wie wir finden, ein bewährtes Konzept, seit unsere Redaktionsgespräche 2005 das erste Mal stattgefunden haben. Eine Stunde lang müssen uns die Politiker zu aktuellen Themen Rede und Antwort stehen, danach geben wir die Bühne frei für Fragen aus dem Auditorium.

Zwei Neuerungen gibt es indessen schon: Zum einen haben wir die Kandidierenden gebeten, jeweils noch eine Person mitzubringen, die sich um einen Sitz in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) oder dem Abgeordnetenhaus (AGH) bewirbt. Davon erhoffen wir uns, noch ausführlicher auf lokalpolitische Themen eingehen zu können, die im Bezirks- und Landesparlament in den nächsten fünf Jahren eine Rolle spielen werden.

So nah, als wär man da

Die andere Neuerung betrifft die Form der Veranstaltung: Wie gehabt laden wir an fünf Terminen im August in verschiedene Kneipen und Restaurants ein, zumindest sofern uns die Pandemiebekämpfungsmaßnahmen keinen Strich durch die Rechnung machen (vgl. ­kiezundkneipe.de). Während wir die Gespräche vor vier Jahren bereits auf Video aufgezeichnet haben, werden wir dieses Jahr zusätzlich einen Livestream anbieten. Wer sich lieber nicht in geschlossenen Räumen aufhalten mag, kann die Veranstaltungen so via YouTube oder Facebook auch von zu Hause aus verfolgen – und sich via Chatfunktion am Ende auch mit Fragen einbringen.

Für alle, die vor Ort dabei sein wollen, gilt ein Hygienekonzept mit den üblichen Regeln: Zutritt nur mit Maske (außer am Platz) sowie einem Nachweis über Impfung bzw. Genesung oder mit tages­aktuellem negativem Corona-Test. Außerdem erfassen wir Kontaktdaten und achten auf Abstände.

Alle Termine im Überblick

FDP: Ann Cathrin Riedel + Michael Heihsel (BVV)

Di, 10.08., 19:00
unterRock, Fürbringerstraße 20A
Facebook-Event
Gespräch auf YouTube

Die Linke: Pascal Meiser + Oliver Nöll (BVV)

Mo, 16.08., 19:00
unterRock, Fürbringerstraße 20A
Facebook-Event
Gespräch auf YouTube

CDU: Kevin Kratzsch + Marita Fabeck (AGH)

Mi, 18.08., 18:00
Restaurant Split, Blücherplatz 2
Facebook-Event
Gespräch auf YouTube

Die Grünen: Canan Bayram + Clara Herrmann (BVV)

Do, 19.08., 19:00
Heidelberger Krug, Arndtstraße 15
Facebook-Event
Gespräch auf YouTube

SPD: Cansel Kiziltepe + Sebastian Forck (BVV)

Di, 24.08., 19:00
Gasthaus Valentin, Hasenheide 49
Facebook-Event
Gesspräch auf YouTube

Update: Ursprünglich waren Timur Husein (CDU) und Peggy Hochstätter (SPD) als »Begleitung« für Kevin Kratzsch bzw. Cansel Kiziltepe vorgesehen. Wir bitten um Entschuldigung für die kurzfristige Änderung.

Erschienen in der gedruckten KuK vom August 2021.

Politik goes Schankwirtschaft

Öffentliche Redaktionsgespräche mit Direktkandidaten des Wahlkreises

In Bild und Ton: Alle Redaktionsgespräche gibt es auch komplett auf dem KuK-YouTube-Kanal. Foto: rsp

Wie vor jeder Bundestagswahl hat sich sie Kiez und Kneipe auch in diesem Jahr mit Direktkandidaten aus dem Wahlkreis getroffen, um zu erfahren, mit welchen Themen sie den Kiez auf Bundesebene vertreten wollen. In Form von öffentlichen Redaktionsgesprächen haben wir die Kandidaten der vier im Bundestag vertretenen Parteien zu Einzelgesprächen in Kreuzberger Kneipen eingeladen. Dabei mussten sich die Politiker nicht nur unseren kritischen Fragen, sondern auch denen der Zuschauer stellen.

Im Vordergrund der Gespräche standen Themen, die derzeit den Kiez bewegen: Die von den meisten als zahnlos empfundene Mietpreisbremse ebenso wie Fragen zur Drogen- und Flüchtlingspolitik. Angesichts des hohen Anteils türkischer Migranten in Kreuzberg – auch drei der vier Kandidaten haben türkische Wurzeln – interessierte uns bei allen Bewerbern um das Direktmandat auch ihre Einschätzung zur Lage in der Türkei.

Auch nach der Einschätzung der eigenen Wahlchancen haben wir gefragt. Denn nachdem der langjährige Inhaber des Direktmandats Hans-Christian Ströbele  (Grüne) dieses Jahr nicht mehr kandidiert, könnten die Karten durchaus neu gemischt werden.

Ströbeles Nachfolge anzutreten, hat sich Canan Bayram auf die Fahnen geschrieben, die derzeit für die Grünen im Abgeordnetenhaus sitzt.

Anders als etwa Cansel Kiziltepe (SPD, seit vier Jahren im Bundestag) ist sie nicht über die Landesliste abgesichert, kann also nur per Erststimme in den Bundestag kommen.

Auch Timur Husein, momentan für die CDU in der Bezirksverordnetenversammlung und auf Listenplatz 9, hofft auf das Direktmandat.

Pascal Meiser (Linke) ist mit Platz 4 auf der Landesliste ebenfalls vermutlich auf die Erststimme angewiesen, wenn er in den Bundestag kommen will.

Erstmalig haben wir die Veranstaltungen auch komplett auf Video aufgezeichnet und auf unserem YouTube-Kanal veröffentlicht.

Hier geht’s zur YouTube-Playliste mit allen Redaktionsgesprächen.

Politik goes Schankwirtschaft
Öffentliche Redaktionsgespräche mit Direktkandidaten des Wahlkreises
Vorhandene Gesetze besser durchsetzen
Timur Husein will sich für mehr Sicherheit stark machen
»Ich will die Leute vor mir hertreiben«
Pascal Meiser möchte für Die Linke in den Bundestag
Canan Bayram tritt in große Fußstapfen
Die Direktkandidatin der Grünen stellt sich im Heidelberger Krug der Diskussion
»Mehr war mit der CDU nicht drin«
Cansel Kiziltepe kämpft für eine linke Mehrheit im Bundestag

Erschienen in der gedruckten KuK vom September 2017.

Wer kommt in den Bundestag?

Kiez und Kneipe lädt zu öffentlichen Redaktionsgesprächen ein

Eine gute Gelegenheit, die Direktkandidaten kennenzulernen: Kiez und Kneipe lädt zu öffentlichen Redaktionsgesprächen ein.

Die Bundestagswahl naht und wie vor jedem bundesweiten Urnengang lädt die Kiez und Kneipe Kreuzberg auch dieses Mal wieder die Kandidaten der im Bundestag vertretenen Parteien ein.

Die Redaktion entwickelte das Format 2005. Jeder Kandidat wird seither einzeln in einer Kneipe befragt. Nach einem etwa dreiviertelstündigen Interview haben dann Gäste die Möglichkeit, Fragen an den Gast des Abends zu stellen.

Der scheidende Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele war nach seinem eigenen Bekunden immer ein großer Fan dieses Formates. »Normalerweise treffen wir Kandidaten uns vor der Wahl immer  auf einem Podium. Am Ende könnte jeder auch die Argumente der anderen heruntersagen«, sagte der Grüne einmal nach einer Veranstaltung im Too Dark. Zudem schätze er, dass jeder Kandidat in anderthalb Stunden ausreichend Zeit habe, seine Standpunkte ausführlich zu erläutern.

Hans-Christian Ströbele wird nicht mehr antreten. Ihn will Canan Bayram beerben, die sich am 22. August im Heidelberger Krug den Fragen der KuK stellt. Einen Tag später kommt die SPD-Abgeordnete Cansel Kiziltepe ins Valentin. Den Auftakt macht Timur Husein für die CDU am 15. August im Dodo. Pascal Meiser geht am 21. August im backbord für die Linke in den Ring.

Die Veranstaltungen beginnen jeweils um 19:30 Uhr und dauern etwa 90 Minuten.

Erschienen in der gedruckten KuK vom August 2017.

Wahlkämpfchen in Kreuzberg

Irgendetwas ist anders bei diesem Wahlkampf. Zumindest drei Wochen vor dem Urnengang ist alles verdächtig ruhig. Selbst auf den Magistralen, die sonst das Hauptschlachtfeld des Kampfes der Megaplakate sind, findet man kaum Werbebotschaften der Parteien. Aussagekräftige schon gar nicht. Auch beim gemeinen Volk ist von Wahlkampffieber so gar nichts zu spüren.

Eigentlich schade für die Kandidaten. Denn der Bezirk hat dieses Mal richtig Glück. Die großen Parteien plus die Piraten schicken dieses Mal richtige gute und zu ihrer mutmaßlichen Klientel kompatible Kandidaten an der Start. Das gilt vor allem für SPD und CDU, die sich vor vier Jahren mit ihren Kandidaten Böning und Lengsfeld mal so richtig vergriffen hatten.

So macht wählen doch richtig Spaß, auch wenn der Wahlkampf bislang eher Wahlkämpfchen ist.

Erschienen in der gedruckten KuK vom September 2013.

Das Interesse verlagert sich

Kandidaten der Außenseiter locken mehr Zuhörer an als früher

Warten auf den Kandidaten: An sechs Abenden interviewte die KuK Abgeordnete und solche, die es werden wollen.

Foto: philsWarten auf den Kandidaten: An sechs Abenden interviewte die KuK Abgeordnete und solche, die es werden wollen. Foto: phils

Sechs Kandidaten innerhalb von zweieinhalb Wochen stellten sich der Kiez und Kneipe in sechs verschiedenen Kneipen. Etwas mehr als einen Monat vor der Bundestagswahl konnten sich die Leser der KuK selbst ein Bild von denen machen, die sie in den nächsten Bundestag schicken sollen. Hans-Christian Ströbele ist dort schon – und zwar seit drei Legislaturperioden als einziger Grüner, der bislang direkt in den Bundestag gewählt wurde. Vor vier Jahren ist neben ihm auch noch Halina Wawzyniak von den Linken für den Wahlkreis 83 ins Parlament eingezogen.

Zu den Veranstaltungen der beiden Abgeordneten waren diesmal etwas weniger Interessierte gekommen, als in den Vorjahren. Dafür zogen die Kandidaten von SPD, CDU und FDP mehr Besucher an. Wegen ihrer Präsenz in der BVV und im Abgeordnetenhaus wurde dieses Mal auch der Kandidat der Piraten eingeladen.

Es gibt nur wenige, die ernsthaft daran zweifeln, dass der Grüne Hans-Christian Ströbele auch ein viertes Mal den Wahlkreis Friedrichhain-Kreuzberg-Prenzlauer Berg Ost direkt erobern wird. Ob er es allerdings erneut mit nahezu 50 Prozent schaffen wird, ist nicht ganz so sicher. Dagegen gibt es zwei gute Gründe – und die sind beide nicht nur jung und charmant, sondern offenbar auch sehr kompetent.

Halina Wawzyniak hat nicht nur vier Jahre im Bundestag geackert, sondern auch mit ihrem Wahlkreisbüro sehr starke Präsenz im Kiez gezeigt. Das könnte sich nun in einem höheren Stimmenanteil auszahlen.

Cansel Kiziltepe von der SPD wirbt nicht nur damit, dass sie ein Kiezkind aus dem Wrangelkiez ist. Die Volkswirtin beim VW-Konzern ist der perfekte Gegenentwurf zu den umstrittenen Thesen ihres Parteigenossen Thilo Sarrazin. Auf Platz fünf der Landesliste stehen ihre Chancen gar nicht mal so schlecht.

Für sie gilt wie für Halina Wawzyniak, die als fünfte auf der Linken-Liste ist: Es kommt darauf an, wieviel Direktmandate die jeweilige Partei in Berlin erringt und wieviele Zweitstimmen abgegeben werden, die letztlich über die Listenkandidaten entscheiden.

Vor vier Jahren hatte die einstige Bürgerrechtlerin Vera Lengsfeld mit ihren tiefen Einblicken nicht nur Kanzlerin Angela Merkel irritiert, sondern mit ihren Ansichten auch konservative Wähler verstört. Der CDU-Fraktionsvorsitzende in der BVV Götz Müller könnte hier verlorenes Terrain ein wenig zurückerobern.

Nachdem vor vier Jahren der geschasste Landesvorsitzende der FDP, Markus Löning, im Wahlkreis 83 kandidierte, muss nun der einstige Büroleiter von Guido Westerwelle ran. Helmut Metzner stolperte über seine ganz persönliche Wikileaks-Affäre. Und so wird man das Gefühl nicht los, dass der 83er für die Liberalen so eine Art Strafwahlkreis darstellt.

Bleibt noch der Pirat Sebastian von Hoff – ein Schornsteinfeger. Wie er und seine Mitstreiter sich geschlagen haben, erfahren Sie in den folgenden Artikeln:

Erschienen in der gedruckten KuK vom September 2013.

Sebastian von Hoff wirbt um Vertrauen

Der Direktkandidat der Piraten zum Redaktionsgespräch im »Martinique«

Sebastian von Hoff mit den KuK-Redakteuren Peter S. Kaspar und Robert S. Plaul.

Foto: philsSebastian von Hoff mit den KuK-Redakteuren Peter S. Kaspar und Robert S. Plaul. Foto: phils

Mit der Frage, warum man sagt, dass Schornsteinfeger Glück bringen, hatte Sebastian von Hoff, Direktkandidat der Piraten, vermutlich nicht gerechnet, als er zum Redaktionsgespräch ins »Martinique« kam. Dabei bietet sie sich an, denn von Hoff ist Schornsteinfeger, und seine Partei braucht vermutlich Glück, wenn sie in den Bundestag einziehen will. Vor allem aber, sagt er, brauche sie Vertrauen.

Das mag in letzter Zeit etwas gelitten haben: Viel hört man über innerparteiliche Streitereien, weniger über Inhalte. Für von Hoff liegt das auch daran, dass die Piraten inzwischen wie alle Parteien kritisch betrachtet werden. Trotzdem gäbe es in Sachen Streitkultur in der Partei »bei vielen noch etwas Nachholbedarf« beim Umgang mit Meinungsverschiedenheiten.

Eindeutig jedenfalls ist die Meinung zur NSA-Affäre. Von Hoff spricht sich für eine verstärkte parlamentarische Kontrolle der eigenen Geheimdienste aus – im Zweifelsfall bis zur Abschaffung. Im Bezug auf amerikanische Dienste reiche es nicht, bloß den Zeigefinger zu heben. Hier sei das Mittel der Diplomatie gefragt, um die USA stärker unter Druck zu setzen. Zu den Maßnahmen gegen ein Ausschnüffeln durch NSA & Co. gehöre auch, dass etwa Verbindungsdaten nach Möglichkeit gar nicht erst gespeichert werden – wie das aber im Rahmen der Vorratsdatenspeicherung geschieht.

Geduldig erklärte Sebastian von Hoff den KuK-Redakteuren Peter S. Kaspar und Robert S. Plaul das Konzept des fahrscheinlosen Nahverkehrs, der über eine Steuer oder Abgabe finanziert werden würde. Parallel müsste man allerdings auch die Taktzeiten verkürzen, um den ÖPNV attraktiver zu machen. Wenn man die Abgabe beispielsweise über die Grundsteuer erheben würde, könnte man die Höhe der Belastung auch indirekt an die jeweiligen Einkommensverhältnisse koppeln.

Auch das derzeit parteiintern benutzte Konzept »Liquid Democracy« ist erklärungsbedürftig, und wird auch erklärt: Zu jeder Abstimmung hat jeder eine Stimme, die auf Wunsch an eine andere Person delegiert werden kann, die sich vielleicht besser mit dem Thema auskennt. Da sich die Stimmen themenspezifisch vergeben und auch wieder zurückziehen lassen, lässt sich die eigene politische Meinung präziser zum Ausdruck bringen als mit auf Zeit gewählten Vertretern.

Mit der Forderung nach einer Mietendeckelung und dem Eintreten für eine liberalere Asylpolitik stehen die Piraten nicht allein – wohl aber mit dem Eintreten für das Bedingungslose Grundeinkommen. Wie das konkret umgesetzt werden könnte, soll nach ihrem Willen in einer Enquete-Kommission besprochen werden.Und, kurze Antwort bitte, wie ist das mit dem Mindestlohn? Sebastian von Hoff grinst: »Mindestlohn ist für uns eine Brückentechnologie. Kurz genug?«

Hier kann die Veranstaltung noch einmal nachgehört werden:

Erschienen in der gedruckten KuK vom September 2013.

Götz Müller will keinen Coffeeshop

Der BVV-Fraktionsvorsitzende der CDU stellt sich im »Galander« der Diskussion

Götz Müller beim Redaktionsgespräch im »Galander«.

Foto: csGötz Müller beim Redaktionsgespräch im »Galander«. Foto: cs

»Politik für die Menschen« will er machen, das sagt er ganz am Anfang, und tatsächlich ist ein gutes Dutzend Besucher ins »Galander« gekommen, um sich anzuhören, wie die Politik von Götz Müller aussehen könnte. Seit 2006 ist der gebürtige Wiesbadener für die CDU in der BVV Friedrichshain-Kreuzberg, jetzt will er das Direktmandat erkämpfen – und rechnet sich dafür durchaus Chancen aus.

In der »B.Z.« outete sich Müller kürzlich als Gegner des Flüchtlingscamps am Oranienplatz. Flüchtlinge, sagt er, sähe er kaum noch am Oranienplatz, sondern vielmehr »Linksradikale«, die die Flüchtlinge für »eigene Zwecke« missbrauchten. Überhaupt handele es sich bei dem Gelände um eine öffentliche Grün- und Erholungsanlage, und schon deshalb sei das Camp nicht länger zu tolerieren.

Auch die politischen Forderungen der Flüchtlinge teilt er nicht. Die Residenzpflicht diene unter anderem dazu, zu verhindern, dass alle Flüchtlinge in die Großstädte strömen. Eine Arbeitserlaubnis für Asylbewerber lehnt er ab, da er befürchtet, dass damit ein neuer Niedriglohnsektor eröffnet würde. Außerdem könne ein potentieller Arbeitgeber mit Flüchtlingen nicht planen, da im Schnitt neun von zehn Asylanträgen abgelehnt werden würden.

Eine andere »Grünfläche«, die derzeit die Gemüter in Kreuzberg erhitzt, ist der Görlitzer Park, in dem teilweise ganz offen Drogen gehandelt werden. Den Vorschlag von Bezirksbürgermeisterin Herrmann, einen Coffeeshop einzurichten, um die Problematik zu entschärfen, hält er für ein Grünes Wahlkampfmanöver. Für einen Coffeeshop sieht er nicht nur keine Rechtsgrundlage, sondern befürchtet auch, dass Dealer dann auf den Verkauf von harten Drogen umsteigen. Stattdessen erhofft er sich von einer Verstärkung der Polizeipräsenz eine allmähliche Verdrängung der Dealer.

In fast allen Parteien – auch in der CDU – gibt es Arbeitskreise, die sich mit dem Konzept »Bedingungsloses Grundeinkommens« (BGE) beschäftigen. Als Anhänger des Satzes »Leistung muss sich lohnen« glaubt Müller, dass es nur sehr wenige Menschen gibt, die aus Leidenschaft arbeiten. Damit würde es bald an Mitteln fehlen, ein BGE auszuzahlen. Und auch ein flächendeckender Mindestlohn, so Müller, »ist entweder wirkungslos oder vernichtet Arbeitsplätze.«

Gegen steigende Mieten hat Müller ein einfaches Rezept: Wohnungsneubau, gerne auch am Rande des Tempelhofer Feldes. Außerdem setzt er auf staatliche Förderprogramme, die es Mietern ermöglichen sollen, die von ihnen bewohnte Wohnung zu kaufen.

Mit seinen teils recht exklusiven Ansichten stößt Müller nicht auf ungeteilte Zustimmung, und so entwickelt sich in der anschließenden Fragerunde eine kontroverse Diskussion um Asyl- und Bildungspolitik.

Hier kann die Veranstaltung noch einmal nachgehört werden:

Erschienen in der gedruckten KuK vom September 2013.

Helmut Metzner glaubt nicht an Gentrifizierung

Westerwelles Ex-Büroleiter verteidigt die FDP-Positionen in der Cantina Orange

Helmut Metzner lässt sich vom Blick des KuK-Redakteurs Robert S. Plaul und den kritischen Nachfragen des Publikums nicht beirren.

Foto: csHelmut Metzner lässt sich vom Blick des KuK-Redakteurs Robert S. Plaul und den kritischen Nachfragen des Publikums nicht beirren. Foto: cs

Friedrichshain-Kreuzberg ist ja nun nicht gerade als Hochburg der FDP bekannt. Und so bekundet Direktkandidat Helmut Metzner, er »kandidiere aus Solidarität mit der Idee der Freiheit, damit die Liberalen hier im Bezirk auch einen Ansprechpartner haben.« Immerhin hat er als Vierter auf der Landesliste zumindest bei einem sehr guten Abschneiden seiner Partei in Berlin die Chance auf einen Nachrückerposten.

Der 45-jährige Franke ist studierter Historiker und arbeitet derzeit als selbständiger Politikberater. Zuvor war er einige Monate als Büroleiter von Außenminister Guido Westerwelle tätig gewesen, musste dann aber nach der Wikileaks-Affäre seinen Hut nehmen.

Vor diesem Hintergrund liegt es natürlich nahe, dass die KuK-Redakteure Robert S. Plaul und Peter S. Kaspar im Redaktionsgespräch in der Cantina Orange auch auf das Thema NSA und Edward Snowden zu sprechen kommen. Metzner hätte sich einerseits gewünscht, dass Snowden seine Erkenntnisse vor einem amerikanischen Gericht dargelegt hätte, anstatt sich nach Russland abzusetzen, und hält andererseits dringend Vereinbarungen auf internationaler Ebene gegen die massenhafte anlasslose Datensammlung für nötig.

Kontrovers diskutiert werden Metzners Ansichten zum Thema Mieten und Verdrängung. Den Begriff Gentrifizierung lehnt er ab. Zwar seien die Mieten tatsächlich »in speziellen Kiezen sehr angestiegen«, aber die Herangehensweise, hier mit Verboten von Mieterhöhungen und Luxussanierungen hält er für falsch. Dass immer noch rund 10% der Berliner jedes Jahr umziehen, ist für ihn ein Zeichen dafür, dass es wohl noch genügend freie Wohnungen geben müsse, das sei zum Beispiel in München ganz anders. Er fordert, dass mehr Geld für Wohnungsneubau in die Hand genommen werde, allerdings nicht von staatlicher Seite aus, sondern von privaten Investoren, und dass dabei zugunsten von Wohnraum kein »Recht auf freie Aussicht« das Schließen von Baulücken verhindern dürfe. In speziellen Härtefällen könne ein kommunales Wohngeld, das zum Beispiel durch Einnahmen durch die Grundsteuer finanziert werden könnte, Abhilfe schaffen.

In anderen Fragen sind Metzners Ansichten deutlich kiezkompatibler. So hält er die Residenzpflicht für Asylbewerber für überholt und sieht auch keinen triftigen Grund, warum man Flüchtlingen das Arbeiten verbieten solle.

Das Thema Drogenhandel im Görlitzer Park könne sich von selbst erledigen, wenn der Verkauf von Cannabis ebenso wie der von Tabak staalich geregelt wäre. Davon abgesehen könnten Steuereinnahmen erzielt werden, und die personellen Ressourcen der Strafverfolgungsbehörden könnten stattdessen für die Verfolgung »echter Krimineller« genutzt werden.

Hier kann die Veranstaltung noch einmal nachgehört werden:

Erschienen in der gedruckten KuK vom September 2013.

Cansel Kiziltepe möchte Stammwähler zurückgewinnen

Die Direktkandidatin der SPD zu Besuch im Gasthaus Valentin

Cansel Kiziltepe im Gespräch mit Peter S. Kaspar und Manuela Albicker.

Foto: rspCansel Kiziltepe im Gespräch mit Peter S. Kaspar und Manuela Albicker. Foto: rsp

Eine echte Eingeborene tritt in Kreuzberg für die Sozialdemokraten an. Cansel Kiziltepe ist im Wrangelkiez geboren und aufgewachsen. »Kiezkind« steht dann auch auf ihrem T-Shirt und den Buttons, die sie zum Redaktionsgespräch mit Peter S. Kaspar und Manuela Albicker von der KuK ins Gasthaus Valentin mitgebracht hat.

Die 37-Jährige hat an der TU Volkswirtschaft studiert. Nach mehreren Jahren als Büroleiterin und Referentin des Bundestagsabgeordneten Ottmar Schreiner arbeitet sie jetzt für den VW-Konzern. Die Entscheidung für ihr Studienfach hat sie damals sehr bewusst getroffen. Teilhabe, Gerechtigkeit und die Verteilung zwischen Arm und Reich waren wichtige Themen im Kreuzberg der 80er Jahre. »Ich kann mit voller Überzeugung die Politik, die ich fordere auch ökonomisch untermauern«, sagt sie.

Sozialpolitik ist ihr Schwerpunktthema, und so nimmt es nicht wunder, dass das Redaktionsgespräch schnell beim Thema Mietenexplosion, daraus entstehender Verdrängung und möglichen Lösungsansätzen ankommt. Kiziltepe ist einerseits von Anfang an bei der Initiative »Kotti&Co« dabei, und ist andererseits von Beginn an Mitglied bei der Genossenschaft Möckernkiez. Damit steht sie für zwei verschiedene aber sich ihrer Aussage nach nicht widersprechende Ansätze, dem Problem der stetig steigenden Mieten entgegenzutreten. »Der Staat muss sozialen Wohnungsbau machen, aber auch Genossenschaften können einen Beitrag dazu leisten, das Mietniveau stabil zu halten«, ist ihre Überzeugung.

Die Forderungen der Flüchtlinge am Oranienplatz teilt sie in allen Punkten, aber eine Patentlösung für die Campingproblematik – gerade auch im Hinblick auf den bevorstehenden Winter – hat sie auch nicht parat. Auch für die Sorgen der Anwohner des Görlitzer Parks hat sie Verständnis und erinnert sich daran, als Jugendliche ohne Angst durch den dunklen Tunnel unter dem Görli gegangen zu sein. Da müsse man eine Lösung schaffen. Die Coffeeshop-Idee der Grünen hält sie für eine gute Idee.

Auf der Landesliste ist Kiziltepe für den fünften Platz nominiert. Ob das für den Einzug in den Bundestag reicht, liegt einerseits am Zweitstimmenergebnis und andererseits daran, wie viele Direktmandate die SPD in Berlin erreichen kann. »Ich könnte auch mit 40.000 Erststimmen Ströbele schlagen«, grinst sie verschmitzt. Sie hofft, mit ihren anderen Themen, die die Menschen im Kiez konkret berühren, Wählerstimmen für die SPD zurückzugewinnen. »Mein Nachname bedeutet ,roter Berg‘ – und Kreuzberg wird wieder rot«, lacht sie.

Und in welchen Ausschüssen würde sie im Bundestag arbeiten wollen? »Natürlich im Finanzausschuss – weil da auch die Gelder verteilt werden. Und dann kommen sie schön in den sozialen Bereich.«

Hier kann die Veranstaltung noch einmal nachgehört werden:

Erschienen in der gedruckten KuK vom September 2013.

Halina Wawzyniak will es wieder packen

Die Netzpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion der Linken stellt sich im Dodo

Halina Wawzyniak mit KuK-Chefredakteur Peter S. Kaspar.

Foto: philsHalina Wawzyniak mit KuK-Chefredakteur Peter S. Kaspar. Foto: phils

Der Titel ist schon ein wenig sperrig: Netzpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion von »Die Linke«. Doch wer vor kurzem noch geglaubt hat, dass Halina Wawzyniak nur in einem Exotenfach unterwegs ist, dürfte sich spätestens nach dem NSA-Skandal eines Besseren belehrt sehen.

Vor vier Jahren war die heute 40jährige Juristin sehr überraschend über die Liste ihrer Partei in den Bundestag gekommen.

Im »Dodo« in der Großbeerenstraße erklärte sie beim Redaktionsgespräch der KuK mit Manuela Albicker und Peter S. Kaspar, wie sie das Kunststück wiederholen will. Rund 20 Prozent muss die Linke in Berlin erreichen, damit es wieder klappen kann. Das ist sehr ambitioniert, aber nicht ganz unmöglich. Das Gespräch wurde vor der Syrien-Krise geführt, die nach einigen Umfragen die Werte der Linken deutlich hat steigen lassen.

Was ihr Kernthema betrifft, nämlich die Netzpolitik, hatte sie Erfreuliches für Kneipen mitgebracht, die auf ein offenes WLAN setzen. Die sogenannte Störerhaftung soll endlich fallen. Danach kann bislang jemand, der WLAN zu Verfügung stellt, dafür haftbar gemacht werden, wenn ein Dritter über dieses frei zugängliche WLAN illegale Dinge herunterlädt. Diese Hürde gibt es nach ihren Worten in anderen europäischen Ländern kaum. Und sie ist gleichzeitig auch ein Hindernis für den flächendeckenden Ausbau von freien WLAN-Netzen.

Nach dem NSA-Skandal sieht sie selbst sich kaum in der Lage, konkrete Konsequenzen für sich und ihren Gebrauch von Sozialen Netzwerken wie »Facebook« und »twitter« zu ziehen. Zu wichtig sind sie auch für ihre direkte Kommunikation mit dem Bürger. Allerdings sieht sie auch Änderungen kommen. »Die Generation nach der Generation nach mir fühlt sich von Facebook gar nicht mehr so angesprochen. Da wird Facebook zum Teil schon als Seniorennetzwerk bezeichnet.«

Zwei andere wichtige Schwerpunkte in den vergangenen Jahren sah sie in ihrem Kampf gegen die steigenden Mieten in Kreuzberg und in der Asylpolitik. Da gibt es gleich zwei Protestcamps, nur einige hundert Meter voneinander entfernt. Beide hat sie zum Teil mehrfach besucht.

Das Protestcamp am Oranienplatz ist auch schon ins Visier der Neo­nazis geraten. Und da steht Halina Wawzyniak als wackere Kämpferin gegen alles was aus der Neonazi-Ecke kommt, schon lange. Durch ihre exponiertere Stellung als Abgeordnete lud sie natürlich den Zorn der braunen Gesellen auf sich, weil sie bei Gegendemonstrationen meist in den vorderen Reihen zu finden ist. Die Konsequenz: Drei Mal hat es in den letzten vier Jahren Anschläge auf ihr Bürgerbüro am Mehringplatz gegeben. Lässt sie sich beeindrucken? Sie meint: »Standhaft bleiben«.

Hier kann die Veranstaltung noch einmal nachgehört werden:

Erschienen in der gedruckten KuK vom September 2013.

Hans-Christian Ströbele hat noch was vor

Der Bundestagsabgeordnete der Grünen zu Gast im Too Dark

Hans-Christian Ströbele mit KuK-Redakteurin Manuela Albicker.

Foto: philsHans-Christian Ströbele mit KuK-Redakteurin Manuela Albicker. Foto: phils

Er ist sozusagen der seltenste Stammgast im Too Dark. Verlässlich alle vier Jahre kommt der Bundestagsabgeordnete der Grünen, Hans-Christian Ströbele in die Kellerkneipe in der Fürbringer Straße, nämlich immer dann, wenn er von der KuK zum öffentlichen Redaktionsgespräch mit Manuela Albicker und Peter S. Kaspar vor der Bundestagswahl eingeladen wird.

Es waren dieses Mal nicht ganz so viele Gäste da, wie vor den letzten beiden Wahlen. Trotzdem war das Too Dark gut gefüllt. Zeichen von allgemeiner Wahlmüdigkeit oder ein Zeichen für den Kandidaten? Hans-Christian Ströbele ist nun 74, und so musste er sich die uncharmante Frage von KuK-Chefradakteur Peter S. Kaspar nach dem Alter schon gefallen lassen. Doch er war natürlich nicht der erste, der sich erkundigt hat, und Ströbele ist viel zu sehr Profi, um sich dadurch aus dem Konzept bringen zu lassen. Lässig verweist er auf über 90 Prozent Zustimmung bei der Kandidatenaufstellung und vor allem auf die Unterstützung der jungen Grünen.

Trotzdem taucht die Frage in der Diskussion noch das eine oder andere Mal auf. Was drängt ihn, weiter zu machen und nicht in den wohlverdienten Ruhestand zu gehen? Da wird er dann deutlicher. Er will einfach noch Dinge umsetzen und erreichen, für die er sich eingesetzt hat.

Im Moment, das spürt man, ist gerade auf den Themenfeldern, die seine Kernkompetenz ausmachen, so richtig was los: Menschenrechte, Geheimdienste, bürgerliche Freiheiten.

Einerseits ist da der NSU, andererseits die NSA. Zumindest bei ersterem ist jetzt gerade der Untersuchungsausschuss beendet worden. Kurz vor der Entdeckung des NSU hatte Ströbele 2009 eine kleine Anfrage zum Oktoberfestattentat in München gestellt. Auch hier wurden Akten geschreddert, verschwanden Zeugenaussagen. Ein Déjà-vu für Ströbele? Doch da hält er sich eher bedeckt. Eine rote Linie vom rechten Terror 1980 bis zu dem der NSU will er so nicht erkennen, wohl aber das Versagen der Inlandsgeheimdienste.

Und die NSA? Vier Jahre zuvor hatte Ströbele noch zum Druck durch die Straße gegen die Vorratsdatenspeicherung aufgerufen. Angesichts der monströsen Ausmaße des NSA-Skandals hat auch nach Ströbeles Ansicht die Vorratsdatenspeicherung nur noch Peanuts-Größe. Allerdings meint er verschmitzt: »Es gibt ja auch in der Union wohl keinen einzigen Politiker mehr, der sich für die Vorratsdatenspeicherung einsetzt. Dabei wollten sie das zum Wahlkampfthema machen.«

Trotzdem bleibt er natürlich wachsam, denn auch die europäische Datenkrake schläft nicht. Von bis zu 99 Jahren Speicherzeit ist die Rede.

Klar positioniert er sich zur Flüchtlingsfrage: Die Forderungen der Asylbewerber im Camp am Oranienplatz »sind alle absolut berechtigt.« Die Gründe für eine Residenzpflicht sind für Ströbele ebensowenig nachzuvollziehen, wie ein Arbeitsverbot.

Hier kann die Veranstaltung noch einmal nachgehört werden. Leider kam es bei der Aufnahme zu einer technischen Panne, so dass nur die zweite Hälfte aufgezeichnet wurde.

Erschienen in der gedruckten KuK vom September 2013.

KuK lädt die Kandidaten

Offene Redaktionsgespräche in sechs Kiez-Kneipen

An sechs Terminen werden wir mit den Direktkandidaten des Wahlkreises über ihre Positionen zu Bundes- und Lokalpolitik sprechen. Plakat: csAn sechs Terminen werden wir mit den Direktkandidaten des Wahlkreises über ihre Positionen zu Bundes- und Lokalpolitik sprechen. Plakat: cs

Die Bundestagswahl naht wieder. Am 22. September wird gewählt, und auch diesmal hat Kiez und Kneipe wieder die Kandidaten der im Bundestag vertretenen Parteien eingeladen. Es gibt dieses Mal allerdings eine Neuerung. Aufgrund ihres sensationellen Erfolges bei der Berlinwahl und der Tatsache, dass die Partei auch stark in der Bezirksverordnetenversammlung vertreten ist, wollen wir in diesem Jahr auch mit dem Kandidaten der Piraten diskutieren.

Die Spielregeln sind die gleichen wie immer: Die Kandidaten werden von unseren Redakteuren etwa 45 Minuten lang befragt. Dann ist das Publikum dran. Auch hier sind ca. 45 Minuten eingeplant.

Der Auftakt gebürt dem Doyen in der Runde. Hans-Christian Ströbele wird am 7. August um 19 Uhr in das Too Dark in der Fürbringerstraße 20a kommen. Er kennt das Format und die Location bestens und kommt auch jedes Mal gerne, weil ihm nach eigenem Bekunden beides sehr gut gefällt.

Tradition hat auch die Cantina Orange als Treffpunkt mit dem Kandidaten der FDP. Das hat allerdings nichts mit der Präferenz der Wirtsleute zu tun, sondern vielmehr mit der Tatsache, dass Baden-Württemberg als das Stammland der Liberalen gilt. Und so ist auch Helmut Metzner in das Schwäbische Lokal in der Mittenwalder Straße eingeladen. Er kommt am 13. August ebenfalls um 19 Uhr.

Einen Tag später ist Halina Wawzyniak an der Reihe. Vor vier Jahren zog sie über die Landesliste überraschend für den Wahlkreis als Kandidatin der Linken in den Bundestag ein. Sie kommt am 14. um 19 Uhr ins Dodo in der Großbeerenstraße 32.

Für die SPD will Cansel Kiziltepe in den Bundestag einziehen. Wie sie das machen will, wird sie am 15. August ab 19 Uhr im »Gasthaus Valentin« in der Hasenheide erklären.

Für die CDU geht Götz Müller ins Rennen. Die KuK hat ihn für den 20. August um 19 Uhr in die Bar »Galander« in der Großbeerenstraße 54 eingeladen.

Da Piraten und Karibik irgendwie zusammengehören, liegt es auf der Hand, dass der piratische Kandidat Sebastian von Hoff im passenden Ambiente befragt wird.Im »Martinique« in der Monumentenstraße 29 steht er am 21. August ab 19 Uhr Rede und Antwort.

Erschienen in der gedruckten KuK vom August 2013.

Drei aus dem Kiez in den Bundestag?

Die Chancen der Kandidaten sind unterschiedlich – aber für fast jeden gut

In einem sind sich alle Kandidaten einig: Der Wahlkreis Friedrichshain-Kreuzberg-Prenzlauer-Berg-Ost ist der spannendste im ganzen Bundesgebiet. Das liegt zum einen daran, dass hier mit Hans-Christian Ströbele der einzige Grüne antritt, der bislang ein Direktmandat im Bundestag errungen hat. Zum anderen spielt sicherlich eine Rolle, dass die anderen Parteien durch die Bank weg starke Kandidaten ins Rennen geschickt haben.

Doch wer wird am Ende tatsächlich in den Bundestag einziehen? Theoretisch könnte der Wahlkreis in der nächsten Legislatur sogar von drei Abgeordneten vertreten werden. Wahrscheinlich ist das nicht – aber ganz ausgeschlossen eben auch nicht.

Grundvoraussetzung für dieses Szenario ist zunächsteinmal, dass ein Mann gewählt wird. Die Erklärung ist einfach und hat nichts mit männlichem Chauvinismus zu tun. Tatsächlich ist keiner der drei Männer über die Landesliste abgesichert.

Sichere Listenplätze haben Halina Wawzyniak (Linke) und Vera Lengsfeld (CDU) nun auch nicht gerade – aber aussichtsreiche. Die bürgerliche Kandidatin Lengsfeld beispielsweise ist auf Rang 6 platziert, der der CDU immer genügt hatte – nur vor vier Jahren eben nicht.

Halina Wawzyniak wurde auf Platz 5 der Landesliste gewählt. Vor vier Jahren hätte der ebenfalls knapp nicht gereicht. Auf ihre Chancen angesprochen, ob sie es über die Liste schaffen könnte, meint sie: »Wenn wir 20 Prozent schaffen.«

Eine der beiden könnte es also schaffen, wenn die SPD schwächelt und die Stimmen nicht alle bei den Splitterparteien landen.

Ohne Netz und doppelten Boden kämpfen die drei männlichen Kandidaten. Keine Rolle im Kampf um das Direktmandat wird Markus Löning (FDP) spielen, der noch vor vier Jahren über die Liste in den Bundestag einzog.

Es könnte also auf ein Duell Ströbele gegen Böhning hinauslaufen. Genau das hat der 31jährige Ex-Jusovorsitzende bereits beschworen. Und seine Unterstützerliste liest sich imposant: Außenminister Frank-Walter Steinmeier, Andrea Nahles, Literaturnobelpreisträger Günter Grass und natürlich Böhnings direkter Chef. Der heißt übrigens Klaus Wowereit.

Erschienen in der gedruckten KuK vom September 2009.