Was ist und was noch werden soll

Bezirk legt Konzepte für Klimaschutz und Klimaanpassung vor

Luftbild von Häusern am Schlesischen Tor, darin eingezeichnet ein Entwurf für DachgärtenSchlesisches Tor Berlin 2045. Illustration: Reinventing Society & Ioomn (CC BY-NC-SA 4.0, Foto: BerlinSkyCrew)

In Hinsicht auf das Stadtklima kann man Friedrichshain-Kreuzberg guten Gewissens als Bezirk der Superlative bezeichnen: eng bebaut und eng besiedelt, hoch versiegelt und teilweise deutlich unterversorgt mit Grünflächen. An heißen Sommertagen liegt die Temperatur bis zu 11° Celsius höher als im Brandenburger Umland, und die Anzahl heißer Tage (also derer mit einer Höchsttemperatur ab 30° C) hat sich in den letzten Jahren deutlich erhöht – im vergangenen Jahr waren es 20.

Mit diesen Fakten und den Berliner Klimaschutzzielen (Klimaneutralität bis 2045, Reduktion der CO2-Emissionen um mindestens 70 Prozent bis 2030) im Hintergrund hat Friedrichshain-Kreuzberg als erster Berliner Bezirk ein Klimaschutz- sowie ein Klimaanpassungskonzept erstellt. Diese wurden im Dezember von der BVV beschlossen.

Die Konzepte beschreiben, wodurch Emissionen im Bezirk entstehen, welche Auswirkungen die Klimakrise derzeit hat und welche Maßnahmen der Bezirk für Klimaschutz und Klimaanpassung ergreifen kann.

Immer im Blick dabei war der begrenzte Handlungsspielraum des Bezirks in Bezug auf Zuständigkeiten (etwa für das Kanalnetz und den öffentlichen Personennahverkehr liegen diese beim Senat) und Finanzen: Nur ein geringer Teil des Bezirkshaushalts ist frei verwendbar, daher ist die Umsetzung vieler Maßnahmen nur mit Hilfe von Fördermitteln möglich.

Aus diesem Grund wurden in den beiden Konzepten jeweils vier Handlungsfelder definiert, in denen der Bezirk eigene Zuständigkeiten und Gestaltungsmöglichkeiten hat.

Für jedes Handlungsfeld wurde ein Teilkonzept erstellt.

Von abstrakt bis konkret

Die Konzepte beinhalten kurz- bis mittelfristig umsetzbare Maßnahmen und sollen weiterhin als Planungs- und Entscheidungsgrundlage für zukünftige Maßnahmen dienen. Klimaschutz soll als eine Querschnittsaufgabe in allen Verwaltungsbereichen und darüber hinaus etabliert werden.

Die Liste der in den Konzepten genannten Maßnahmen ist umfangreich und beinhaltet sowohl sehr abstrakte als auch ausgesprochen konkrete Ideen.

Um die beiden Konzepte erarbeiten zu können, hat das Bezirksamt jeweils eine zweijährige Förderung zur Erstellung eines Klimaschutzkonzepts und zur Erstellung eines Klimaanpassungskonzepts erfolgreich beantragt. Dadurch konnten zwei Klimaschutzmanagerinnen und eine Klimaanpassungsmanagerin eingestellt werden, die für die Erarbeitung der Konzepte zuständig sind und ihre Umsetzung begleiten werden.

Bezirksbürgermeisterin Clara Herrmann bezeichnet die Klimakonzepte als »das Fundament für ein klimafittes Friedrichshain-Kreuzberg« und gibt einen optimistisch-kämpferischen Ausblick: »Um die Folgen der Klimakrise einzudämmen, braucht es entschlossenes Handeln auf allen Ebenen. Wir werden der Herausforderung aktiv begegnen – gemeinsam mit aktiver Zivilgesellschaft, innovativer Wirtschaft und unserer veränderungswilligen Verwaltung. Gemeinsam gestalten wir Friedrichshain-Kreuzberg klimaresilient – jetzt und für die Zukunft.«

Alle (Teil-)konzepte als PDF gibt es hier. Mitte Februar sollen die Konzepte in einer Veranstaltung vorgestellt werden.

Erschienen in der gedruckten KuK vom Januar 2025 (auf Seite 1).

Endspurt fürs Klima

»Berlin 2030 klimaneutral« braucht noch 100.000 Unterschriften

Noch fehlen 100.000 Unterschriften. Foto: Klimaneustart Berlin

Berlin soll klimaneutral werden, und zwar nicht erst 2045, sondern bereits 2030 – das ist die Forderung der Initiative »Klimaneustart Berlin«, die derzeit Unterschriften für einen Volksentscheid sammelt. Bis zum 14. November müssen mindestens 171.000 gültige Unterschriften zusammenkommen. Rund 130.000 Menschen haben sich schon beteiligt, doch da mit einem Puffer für ungültige Unterschriften gerechnet werden muss, will die Initiative noch 100.000 Unterschriften sammeln.

Wird das Quorum erreicht und hat der anschließende Volksentscheid Erfolg, dann würde sich Berlin per Gesetzesänderung verpflichten, das Klimaziel vorzuziehen. »Nur durch die frühere Umsetzung wäre Berlin kompatibel mit dem 1,5-Grad-Ziel und kann der historischen Verantwortung als Hauptstadt eines Industrielands gerecht werden«, erklärt Pressesprecherin Jess Davis.

Das Mittel der direkten Demokratie hat »Klimaneustart Berlin« bereits zweimal erfolgreich eingesetzt: Die Ausrufung der Klimanotlage 2019 durch den Senat sowie die Einberufung eines Klimabürger:innenrates 2020 gehen auf die Initiative zurück.

Für den Volksentscheid wurde mit Hilfe von Expert:innen das Berliner Klimaschutz- und Energiewendegesetz umgeschrieben. Da eine konkrete Gesetzesänderung vorgelegt wurde, muss das Land Berlin den Gesetzentwurf bei positivem Ergebnis direkt umsetzen. Anders als etwa beim Volksentscheid »Deutsche Wohnen & Co. enteignen«, bei dem kein Gesetzentwurf vorgelegt wurde, ist eine Verschleppung nicht möglich.

Bis 14. November müssen die Unterschriftslisten abgegeben sein

Das Team sucht noch helfende Hände für den Endspurt. Foto: Klimaneustart Berlin

Wer das Anliegen von »Klimaneustart Berlin« unterstützen möchte, sollte sich ranhalten: Bis 14. November muss die Initiative die Unterschriftslisten bei der Senatsverwaltung abgeben. Wer die Liste selbst unter berlin2030.org herunterlädt und vielleicht im Bekanntenkreis auf Unterschriftenjagd geht, sollte sie wegen der Postlaufzeiten bis 7. November abschicken. Alternativ kann in vielen Cafés, Läden und allen Bürgerämtern unterschrieben werden. Auch weitere helfende Hände fürs Sammeln von Unterschriften werden noch benötigt.

Das Team von »Klimaneustart Berlin« versteht sich als zivilgesellschaftliche Bewegung, die als Bindeglied und Plattform fungiert, um den Austausch zwischen Bürger:innen, Wissenschaft und Politik auf Augenhöhe voranzutreiben. Die Initiative verfolgt globale Klimagerechtigkeit und fordert von der Politik echtes klimagerechtes Handeln und die Nettonull bis 2030. Weltweit müsse das Ziel sein, 1,5 °C Erderwärmung nicht zu überschreiten, so die Forderung.

Dazu soll die Politik mit den Mitteln der direkten Demokratie unter Druck gesetzt werden. Vor allem soll aber auch eine Signalwirkung für andere Großstädte erzielt werden.

Erschienen in der gedruckten KuK vom November 2022.