Wie geht’s weiter am Kotti?

Senat streicht Sondermittel für 2024, Quartiersmanagement wohl nur noch bis 2027

Die Gegend um das Kottbusser Tor gehörte zu den ersten in Berlin, in denen ab 1999 ein Quartiersmanagement eingerichtet wurde, das sich der diversen sozialen Herausforderungen des Kiezes annimmt. Doch obwohl das Quartier nach wie vor als problembelastet gilt, läuft das Quartiersmanagement, das derzeit mit jährlich 220.000 Euro finanziert wird, voraussichtlich Ende 2027 aus.

Kottbusser TorDas Kottbusser Tor steht vor einer Vielzahl sozialer Herausforderungen. Foto: rsp

Auch die Sondermittel in Höhe von 250.000 Euro, mit denen der Senat im vergangenen Jahr unter anderem gemeinwesenbezogene Sozialarbeit am Kotti unterstützt hatte, werden nicht verstetigt. Schon im Oktober hatte Bezirksbürgermeisterin Clara Herrmann davor gewarnt, einzelne Projekte nur punktuell über Sondermittel zu finanzieren. Beim damaligen Runden Tisch sei man sich mit dem Land einig gewesen, »dass es einen umfassenden Ansatz mit sozialen Maßnahmen braucht«. Auch hätte der Senat nach dem Sicherheitsgipfel verkündet, mehr Geld für Sozial­arbeit und Gesundheitsangebote bereitzustellen.

Doch danach sieht es momentan nicht aus. Ein weiterer Runder Tisch im Juli habe »wenig neue Erkenntnisse gebracht«, zeigt sich Herrmann enttäuscht. »Das Bezirksamt und die landeseigenen Wohnungsbauunternehmen haben von ihren Projekten und Maßnahmen berichtet. Von den Senatsverwaltungen war wenig zu hören. Weitere Gelder vom Land, wie die Sondermittel für den Kotti in 2023, wird es nicht geben.«

Mit den Geldern wurde vor allem aufsuchende Sozialarbeit durch zwei Teams des Trägers Fixpunkt e.V. finanziert. Zielgruppe waren obdachlose Menschen mit und ohne riskanten Substanzkonsum. Außerdem fungierten die Mitarbeiter als Ansprechpartner für Anwohner und Gewerbetreibende und arbeiteten eng vernetzt mit dem Quartiersmanagement zusammen.

19 von 32 Quartiersmanagementgebieten sollen Ende 2027 wegfallen

Die Quartiersmanagements wurden in Berlin  1999 im Rahmen des Programms »Soziale Stadt« (heute: »Sozialer Zusammenhalt«) etabliert. Ziel ist es, Gebiete mit »besonderem Aufmerksamkeitsbedarf« infrastrukturell zu unterstützen. Dabei geht es auch darum, lokale Einrichtungen und Akteure miteinander zu vernetzen und Orte der Integration zur Förderung der gesellschaftlichen und kulturellen Teilhabe zu schaffen.

Im Quartiers­mana­ge­ment­gebiet »Zentrum Kreuzberg/Oranienstraße«, das seit März 1999 besteht, leben rund 8000 Menschen auf sehr engem Raum, rund ein Drittel von ihnen bezieht Transferleistungen. Das im Zentrum des 38 ha großen Gebiets liegende Kottbusser Tor hat mit vielfältigen Problemlagen wie offenem Drogenkonsum und hoher Kriminalität zu kämpfen. Dazu kommen weitere Herausforderungen hinsichtlich des Wohnumfelds: So gehört es auch zu den Aufgaben des Quartiersmanagements, Verwahrlosung, Nutzungskonflikten und Zweckentfremdung entgegenzuwirken und Infrastruktur wie Spielplätze aufzuwerten.

Das Quartiersmanagement am Kotti ist eines von 19 von derzeit 32 Gebieten, in denen Ende 2027 die Förderverfahren enden. Auch die beiden übrigen Kreuzberger Quartiersmanagement-Gebiete, der benachbarte Wassertorplatz sowie der Mehringplatz, fallen aus der Förderung. Alle drei  Quartiere werden in der dreistufigen Skala der Interventionsgrade unter »Kategorie 1: Starke Intervention« geführt.

Erschienen in der gedruckten KuK vom August 2024 (auf Seite 1).

Zoff um den Görli-Zaun

Bezirk bereitet Klage gegen den Senat vor

Zaun statt Poller? Auf dieser Strecke soll später mal die M10 durch den Görli fahren. Wie sich das mit einem Zaun verträgt, ist noch unklar. Foto: rsp

Der Streit um eine Umzäunung und nächtliche Schließung des Görlitzer Parks spitzt sich zu: Nachdem die Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt (SenMVKU) das Verfahren Ende März an sich gezogen hat, bereitet der Bezirk jetzt eine Klage dagegen vor – obwohl es Zweifel daran gibt, dass eine solche Klage in einer Einheitsgemeinde wie Berlin überhaupt zulässig ist.

Dem vorangegangen war ein Briefwechsel zwischen SenMVKU und Bezirksamt. Während die Senatsverwaltung unter Senatorin Manja Schreiner (CDU) darauf drängt, dass der Bezirk die auf einem Sicherheitsgipfel im September beschlossene Umfriedung des Parks umsetzt, argumentiert das Bezirksamt damit, dass es dem Zaunbau an einer rechtlichen Grundlage gebreche. Einerseits könne ein Ad-Hoc-Gremium wie der Sicherheitsgipfel gar keine verbindlichen Entscheidungen treffen, andererseits hapere es auch an einer belastbaren und rechtlich abgesicherten Finanzierungszusage. »Eine Auftragsvergabe, ohne dass entsprechende Mittel zur Verfügung stehen, ist mir rechtlich untersagt«, schreibt Bezirksbürgermeisterin Clara Herrmann in ihrem abschlägigen Bescheid an die Senatsverwaltung.

Dass der Bezirk sich bei den Zaunplänen querstellt, war im Hause Schreiner indessen längst klar. Schon vor Ablauf der knappen Frist, innerhalb derer sich der Bezirk zur Sache erklären sollte, hatte die Senatsverwaltung die landeseigene Grün Berlin GmbH mit der Planung beauftragt und bei einem Pressetermin ein Maßnahmenpaket angekündigt, zu dem auch die Umfriedung und nächtliche Schließung des Parks gehört. Explizit aufgeführt ist dort auch der Punkt »Vorbereitungen zum Eintritt des Senats nach AZG«, also das Ansichziehen der Angelegenheit, gegen das sich der Bezirk jetzt juristisch wehrt.

Was wird aus der M10-Planung?

Unklar ist, wie sich die nächtliche Absperrung des Görlitzer Parks mit einem weiteren Projekt der Senatsverwaltung verträgt. Laut Website von ­SenMVKU soll die Vorplanung für die beschlossene Verlängerung der Tramlinie M10 von der Warschauer Straße bis zum Hermannplatz noch in diesem Jahr abgeschlossen werden. Doch die »planerisch zu bevorzugende Streckenvariante« führt geradewegs durch den Park, namentlich auf der Achse Falckensteinstraße/Glogauer Straße. Die Pressestelle der Senatsverwaltung verweist darauf, dass es laut BVG »technisch gut umsetzbare Lösungen« für das Problem gäbe, bleibt eine konkretere Erklärung aber schuldig. Eine Änderung des vorgesehenen Streckenverlaufs werde jedenfalls »weder debattiert noch beplant«. Auch die Querung des Parks für den Rad- und Fußverkehr – parallel zur Tramstrecke sind entsprechende Wege vorgesehen – sei »als Thema längst im Blick.« Lösungen stünden »gleichwohl noch nicht fest, zumal die Realisierung einer Straßenbahntrasse erst lange nach der Evaluierung des genannten Modellversuchs stattfinden wird. Die Senatsverwaltung wird in jedem Fall versuchen, die Einschränkungen für den Rad- und Fußverkehr im Zuge einer möglichen nächtlichen Schließung des Parks so gering wie möglich zu halten.«

Bleibt abzuwarten, ob es zur nächtlichen Schließung überhaupt kommt. »Wir haben im Bezirks­parlament eine klare Beschlusslage, die sich gegen die Umfriedung und das nächtliche Abschließen ausspricht«, so Clara Herrmann.

Erschienen in der gedruckten KuK vom April 2024.